Eine Mutter soll für ihre gesunden Kindern mit Hilfe gefälschter Arztbriefe schwere Krankheiten erfunden haben. Gutachter sagen, die Kinder sind völlig gesund. Nur ein Arzt bleibt dabei: "Die Kinder leiden an chronischer Arthritis."
Im Prozess gegen eine Mutter, die ihren gesunden Kindern schwere Krankheiten angedichtet haben soll, hat eine Kinderkrankenschwester ihre Eindrücke von einem Hausbesuch geschildert. Die Beschreibung der Beschwerden durch eines der Kinder habe wie einstudiert gewirkt, sagte die 45 Jahre alte Zeugin am Mittwoch. Sie hatte die Familie 2016 für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung besucht, um die Pflegestufe eines der Söhne zu überprüfen.
Der damals Achtjährige habe angegeben, ständig Schmerzen zu haben und nur mit Hilfe stehen zu können, sagte die Zeugin. Nach Angaben seiner Lehrerin sei er jedoch ein lebhaftes Kind gewesen, dass auf dem Schulhof ständig in Bewegung gewesen sei. "Ich hatte den Eindruck, dass die Mutter den Jungen und seine Geschwister instruiert hatte, was sie sagen sollten", sagte sie.
Der 49 Jahre alten Mutter aus Lensahn im Kreis Ostholstein wird vorgeworfen, jahrelang gegenüber Krankenkassen, Behörden und auch Ärztinnen und Ärzten behauptet zu haben, ihre Tochter und ihre drei Söhne litten an Blutgerinnungsstörungen, Rheuma, Asthma, der Glasknochenkrankheit und Autismus.
Ein Kinderrheumatologe aus Bad Bramstedt sagte am Mittwoch aus, er habe bei allen vier Kindern eine chronische juvenile Arthritis diagnostiziert und eine medikamentöse Therapie verordnet. Auf den Einwand der Richterin, drei andere Ärzte hätten das ausgeschlossen, warf der Zeuge dem Gericht vor, gezielt nur die negativen Befunde herauszugreifen.
Ein kinderärztlicher Gutachter bezweifelte dagegen die Aussagen des Kinderrheumatologen. Dessen Diagnose stütze sich hauptsächlich auf Angaben der Kinder und der Mutter, sagte er. Da juvenile chronische Arthritis hauptsächlich bei Mädchen auftrete, sei es recht unwahrscheinlich, dass in einer Familie gleich drei Jungen daran litten, sagte er.
Eine psychiatrische Sachverständige hatte der Mutter an einem früheren Verhandlungstag das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom bescheinigt. Bei dieser Störung machen Eltern ihre Kinder krank, um als aufopfernde Eltern Anerkennung zu erfahren. Der Prozess wird am 04.11. mit den Plädoyers fortgesetzt. Das Urteil soll am 13. November verkündet werden.