Neue Studienergebnisse zeigen eindrücklich, dass die kathetergestützte Therapie der Aortenklappenstenose (TAVI) nun auch für Patienten mit niedrigem Operationsrisiko der Goldstandard ist. Viele Komplikationen – vor allem Schlaganfälle – traten nach TAVI signifikant seltener auf als nach einem chirurgischen Aortenklappenersatz.
Seit über 13 Jahren setzen KardiologInnen Aortenklappen per Katheter ein und haben das Verfahren über die Jahre weiter optimiert. Was zu Beginn noch als einzige und letzte Lösung für Patienten galt, die ein zu hohes Risiko für eine Operation am offenen Herzen hatten, ist inzwischen zur Standardprozedur für Patienten mit mittlerem und hohem Risikoprofil geworden. Im März 2019 wurden nun die lange erwarteten Ergebnisse des Evolut Low Risk Trials und der PARTNER-3-Studie während des Kongresses des American College of Cardiology präsentiert. Beide Studien untersuchten, ob eine transfemoral durchgeführte TAVI verglichen mit dem chirurgischen Aortenklappenersatz (AKE) auch für Niedrigrisiko-Patienten eine mindestens gleichwertige, wenn nicht sogar bessere Therapiealternative darstellen könnte.
Die Ergebnisse sind eindeutig, vor allem in der PARTNER-3-Studie, die den Marktführer unter den von Kardiologen eingesetzten Transkatheterklappen, die Sapien-3-Prothese, untersuchte. Als primärer Endpunkt galt in der Studie eine Kombination aus Tod, Schlaganfall oder Rehospitalisierung nach 12 Monaten. Der Endpunkt trat nur bei 8,5% der TAVI-PatientInnen ein, jedoch bei 15,1% der PatientInnen, die einer chirurgischen Prozedur unterzogen wurden. Dies bedeutete ein um 46% geringeres Risiko für die TAVI-Gruppe, dass eines der im Endpunkt formulierten Ereignisse eintrat. Die Mortalität nach einem Jahr lag in der TAVI-Gruppe bei gerade einmal 1%. Wenn bei einem Patienten in der Frühphase nach dem Eingriff so harte Endpunkte wie Schlaganfall oder Tod signifikant selten eintreten, ist das ein mehr als überzeugendes Argument für die TAVI-Methode der Kardiologen, so die Bewertung der StudienautorInnen.
Die PARTNER-3-Studie liefert zudem ein überraschendes Ergebnis, das für die kardiologische Methode des Aortenklappenersatzes spricht: Es zeigte sich im Vergleich zwischen TAVI und AKE kein statistisch signifikanter Unterscheid in der Rate der nach dem Eingriff erforderlichen Schrittmacherimplantationen. Dieser Wert war zwar im Evolut Low Risk Trial bei TAVI erhöht, jedoch ging dies nicht mit einer Zunahme von behindernden Schlaganfällen oder mit mehr Todesfällen einher.
Als Argument gegen TAVI als Verfahren der Wahl wird immer wieder vorgebracht, dass die bei diesem Verfahren implantierten Klappenprothesen weniger lang haltbar seien als chirurgisch eingesetzte Klappen. Doch dieser Verdacht ist leicht auszuräumen: Es existieren belastbare Langzeitdaten, die bis zu zehn Jahre zurückreichen. Diese zeigen nicht den kleinsten Anhaltspunkt für eine frühzeitigere Degeneration der Klappen.
Die neuen Daten bestätigen ohnehin, was in Deutschland längst Versorgungsrealität ist. Ein nicht unerheblicher Teil der mit TAVI behandelten Patienten sind schon jetzt der Niedrig-Risiko-Gruppe zuzuordnen, wie eine Auswertung des Deutschen Aortenklappenregisters GARY zeigt.
Für die Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses zu TAVI sollten sich daraus folgende Änderungen ergeben: Zum einen müssten die Altersgrenzen kritisch hinterfragt werden. Es ist aufgrund der belastbaren und brandaktuellen Daten naheliegend, die Altersgrenze von momentan 75 Jahren auf 70 zu senken. Außerdem sollte die TAVI, sofern Sie anatomisch gut durchführbar ist, als Standardbehandlung erwogen und der chirurgische Klappenersatz bei Patienten ab 70 nur als Alternative in Erwägung gezogen werden. Auch sollte der nach Zuweisung initial chirurgisch geplante Klappenersatz als Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von interventionellen Kardiologen evaluiert und schriftlich akzeptiert werden.