Neues zum Genetischen Fingerabdruck: RFLP und Vaterschaftstests

Das DNA-Fingerprinting ermöglicht, dass menschliche DNA in Zahl und Größe unterschieden werden kann. Man nennt diese Technik auch RFLP-Analyse. Doch was genau hat es damit auf sich?

Was ist eigentlich dieses "riflip"?

Es geht bei der RFLP eigentlich nur um den Weg des Nachweises der DNA-Varianten: die Verwendung sehr spezifischer DNA schneidender Enzyme, der Restriktionsendonucleasen. Wenn sich zwei DNA-Varianten in der Erkennungssequenz für ein Restriktionsenzym unterscheiden, wird die eine Variante von dem Restriktionsenzym geschnitten, die andere eventuell nicht. Die Fragmente geschnittener Varianten haben deshalb verschiedene Längen.

Der überwiegende Teil der DNA höherer Organismen (97 %) enthält keine Information zur Bildung von Proteinen. Protein-codierende Gene sind bei der Gesamt-DNA wie Oasen in der Wüste der Introns in der Junk-DNA.

Nun trägt die "nicht-proteincodierende DNA" (Introns) aber öfter Mutationen als die codierende, weil in den meisten Fällen diese Mutationen ohne lebensbedrohlichen Effekt auf die Zelle bleiben. Logisch!

Diese Mutationen werden von Generation zu Generation weitergegeben, ohne dass sich das äußere Bild des Organismus (der Phänotyp) verändert. Die nicht-codierende DNA unter scheidet sich dadurch zwischen Individuen stärker als codierende DNA-Sequenzen. Das ist ideal für die Diagnostik!

DNA-Marker: kurze Tandem-Wiederholungen und SNPs

Für umfassende Analysen sind jedoch die RFLPs nicht ausreichend, unter anderem, weil jede Schnittstelle nur zwei mögliche Zustände haben kann.

Eine wichtige Rolle spielt Mikrosatelliten-DNA. Sie repräsentiert 5 % der Sequenzpolymorphismen. Das sind kurze tandemartig wiederholte DNA-Abschnitte (short tandem repeats, STR), wie CACACACACA. Die Wiederholungseinheiten sind meist bis zu zehn Nucleotide lang und wiederholen sich fünf- bis 20-mal. Die Anzahl der Wiederholungen je Satellit ist individuell verschieden. Das menschliche Genom enthält mindestens eine halbe Million STRs.

Mikrosatelliten-DNA kommt selten in Genen vor, und wenn, hat das Konsequenzen, z. B. bei der Erbkrankheit Chorea Huntington, dem Veitstanz. Ihre Anzahl erlaubt eine Kartierung des menschlichen Genoms mit einer akzeptierbaren Auflösung. Gemeinsam ist RFLPs und Satellitenmarkern, dass sie sich gut physikalisch kartieren, das heißt, in einer Genomkarte festmachen und somit auf einem Chromosom feststellen lassen.

Bei der Kartierung muss das Chromosom (oder das ganze Genom) möglichst mit Markern vollständig abgedeckt werden, um z.B. die Lage von Krankheitsgenen leichter bestimmen zu können. Man ermittelt dann, wie häufig die untersuchten Marker (RFLPs, STRs) in bestimmten Familien zusammen mit der Krankheit vererbt werden.

Am wichtigsten sind aber SNPs (Single Nucleotide Polymorphism), die wie "snips" (zu deutsch: Schnipsel) ausgesprochen werden. Polymorphismus bedeutet, dass verschiedene Kopien eines Gens einer Population nicht exakt identisch sind. Einzelnucleotid-Polymorphismus liegt vor, wenn der Unterschied zwischen den verglichenen Genen gerade einmal eine Base groß ist. In groß angelegten Studien menschlicher oder anderer Populationen sind die SNPs die Marker der Wahl, weil sie mit Gen-Chips leicht messbar sind .

SNPs repräsentieren 90% der polymorphen Sequenz-Variationen. Etwa 150 Millionen SNPs sind heute bekannt. Der einzige Nachteil der SNPs ist, dass jeglicher SNP nur eines der zwei Basenpaare A-T oder G-C sein kann. Zwei Menschen zu unterscheiden, kann also schwierig sein. Man muss SNP-Blöcke finden, wie einen genetischen Strichcode. Solche SNP-Kombinationen werden auch Haplotypen genannt. Die Haplotyp-Kartierung ist jetzt Teil jedes Gen-Kartierungs programms.

In den 1990er-Jahren wurde das RFLP-Fingerprinting um die SNPs ergänzt. In der Kriminalistik spielt DNA eine immer größere Rolle. Ein DNA-Fingerabdruck kann inzwischen mit 20-50 Nanogramm DNA ausgeführt werden. Eine DNA-Probe, z. B. vom Opfer einer Vergewaltigung, aus Spermaspuren und eine DNA-Probe des Verdächtigen werden mit dem Fingerprinting verglichen.

DNA-Forensik in Deutschland

Bei sogenannten DNA-Rasterfahndungen wurden inzwischen auch in Deutschland Abstriche der Mundschleimhaut Tausender verdächtiger Männer mit sogenannten Swabs (Wattestäbchen) genommen und untersucht, sehr oft erfolgreich! Seit 24 Jahren gibt es in Deutschland die DNA-Analyse-Datei.

Am 17. April 1998 wurde im Bundeskriminalamt der Startschuß für die Speicherung von DNA-Mustern in der Datei gegeben. Aktuell sind in der DNA-Analyse-Datei knapp 1,2 Millionen DNA-Muster gespeichert2. Darunter fallen rund 868 000 DNA-Muster bekannter Straftäter und  327.000 Spurenmuster aus noch ungeklärten Straftaten.

Die zentrale Speicherung und der dadurch mögliche Abgleich von Daten aus ganz Deutschland tragen maßgeblich zur Aufklärung von Straftaten bei. Davon konnten in über 210.000 Fällen konkrete Täterhinweise zu offenen Tatortspuren an die Ermittlungsdienststellen weitergegeben werden.

Insbesondere bei Tötungsdelikten leistet die DNA-Analyse gute Dienste. Sie ist nicht nur treffsicher, sondern auch schnell. Wenige Tage reichen aus, um das Spurenmaterial zu untersuchen und mit den im BKA zentral gespeicherten Daten zu vergleichen. Ein bekanntes Beispiel hier war der bereits erwähnte Mord an dem Münchner Modedesigner Rudolph Moshammer aus dem Jahr 2005: Dank der DNA-Analyse und dem darauffolgenden Abgleich gelang es den Ermittlern, den Täter in einem Zeitraum von nur zwei Tagen zu identifizieren und festzunehmen.

Das Fingerprinting wird immer empfindlicher. Es reichen schon Speicheltröpfchen in der Sprechmuschel des Handys oder eine einzelne Haar wurzel. Die Haarwurzelmethode wurde vom deutschen Bundeskriminalamt entwickelt.

Mit unter identifizierte man damit Opfer des Anschlags am 11. September 2001 in New York. Die Bewegung Las Abuelas (zu deutsch: Die Großmütter) in Argentinien konnte mit Hilfe dieser Technik zumindest 136 der 2.000 während der Militärdiktatur verschleppten Kinder dank der DNA-Analyse den ursprünglichen Familien zurückgeben. Hier wurde Mitochondrien-DNA der Kinder und der Großmütter analysiert. Denn Mitochondriale DNA wird ausschließlich über die Mütter weitergegeben.

RFLP und Vaterschaftstests

Wie kommt es, dass die homologe Intron-DNA (also DNA auf den exakt gleichen Abschnitten der Chromosomen) verschiedener Personen verschieden lange Stückchen ergibt, wenn sie mit den gleichen Restriktionsenzymen geschnitten wird?

Die Restriktionsendonucleasen schneiden die DNA immer an den gleichen Stellen, also z. B. nach dem Guanin (G) in der Sequenz ... GAATTC ...

Wenn die Person, nennen wir sie mal "Renneberg", ein DNA-Fragment mit einem Intron hat, das die folgende Sequenz besitzt ... TTTTGAATTCTTTTGAATTC ... so erkennt man leicht zwei Stellen, an denen das Enzym spalten kann: ... TTTTG AATTCTTTTG / AATTC ...

Somit entstehen 3 Fragmente: ... TTTTG und AATTCTTTTG und AATTC ...

Bei der Person "Süßbier" ist dagegen eine simple Mutation (ein sogenanntes SNP) erfolgt: Ein G ist durch ein A ersetzt: ... TTTTGAATTCTTTTAAATTC ... Hier kann das Enzym nur einmal spalten: ... TTTTG AATTCTTTTAAATTC …

Es entstehen also nur 2 DNA-Fragmente: ... TTTTG und AATTCTTTTAAATTC ...

So gibt es ein unterschiedliches Muster: Die DNA-Probe "Süßbier" enthält nur zwei Fragmente, von denen sich das zweite, längere DNA-Stück bei der gelelektrophoretischen Auftrennung durch die Poren schwerfälliger, also langsamer bewegt. Die drei kleineren von "Renneberg" bewegen sich dagegen flinker durch das Gel. Diese Unterschiede der DNA zwischen Individuen macht man mit Gelelektrophorese und Blotting sichtbar.

Eine Lösung mit den geschnittenen DNA-Fragmenten wird in eine Vertiefung (well) auf einem Gel pipettiert und ein elektrisches Feld anlegt. Die (durch Phosphatgruppen) negativ elektrisch geladenen DNA-Fragmente wandern dann durch die Poren des Gels zur Anode (Pluspol) und werden dabei nach ihrer Größe "gesiebt" und getrennt : klein und negativ zu sein, ist also hier ein Vorteil!

Legt man nun in einer Blotting-Apparatur ein Nitrocellulose-Papier auf das Gel mit den nach ihrer Größe verteilten DNA-Fragmenten, so werden sie aus dem Gel auf das Papier gesaugt (in der gleichen Verteilung natürlich). Dort werden sie dann fest gebunden und sind leicht zugänglich. Ein radioaktiver Marker wird zugegeben, der die DNA-Stückchen schließlich mit einem aufgelegten Röntgenfilm sichtbar macht.

Das Ergebnis gleicht einer Leiter mit unregelmäßig dicken Sprossen, die zudem ungleichmäßig verteilt sind. Es erinnert an den Barcode auf Verpackungen, der im Supermarkt an der Kasse blitzschnell eingelesen wird. Die Leitersprossen nennt man auch "DNA-Banden". "Süßbier" und "Renneberg" zeigen beim Blotting also ein unterschiedliches Banden-Muster. Die Bande TTTTG ist bei beiden vorhanden, die beiden kleineren Banden bei "Renneberg" fehlen "Süßbier", die dafür eine mit größeren Sprossen ihr eigen nennt.

Damit wäre ein winziger genetischer Unterschied zwischen der Grafikerin und dem Verfasser des Beitrages erklärt: Die eine malt genial und schreibt ungern, und der andere schreibt gern, aber malt nur einfache Formeln und Comics für seine Studierende.

Wissenschaftlich (und menschlich) interessant wäre nun ein weiterer RFLP-Vergleich der DNA-Banden der Berlinerin "Süßbier" und des Mitteldeutschen "Renneberg". Aber ganz so einfach ist es nun doch nicht, da wir es hierbei ja mit nicht-protein-codierenden DNA-Sequenzen zu tun haben.

Beim Vaterschaftstest werden die DNA-Fingerprints der Mutter, des Kindes und des vermuteten Kindes-Vaters nebeneinander platziert und verglichen. Die Banden der Mutter und des Kindes, die auf gleicher Höhe sind, werden identifiziert. Dann werden die restlichen Banden des Kindes mit denen des vermuteten Vaters verglichen. Die Banden, die nicht mit den mütterlichen übereinstimmen, müssen deshalb logischerweise vom biologischen Vater stammen. Wenn es keine Übereinstimmung der Banden gibt, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein anderer Vater anzunehmen.

Bizarre Beispiele aus den USA

1802 wurde Präsident Thomas Jefferson (1743-1826), der Vater der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, von einer Zeitung beschuldigt, eine heimliche Beziehung zu seiner Sklavin Sally Hemings (1773-1835) unterhalten zu haben. US-Historiker jubeln: DNA-Tests erlauben auch nach 100 Jahren neue Erkenntnisse über Präsident Thomas Jeffersons Lebenswandel.

Jefferson könnte also der Vater eines der sieben Kinder von Sally Hemings sein. 19 DNA-Proben von Nachfahren Jeffersons wurden nun 1997 gesammelt, darunter Blutproben männlicher Nachfahren von Jeffersons Onkel väterlicherseits. Jede Probe wurde auf polymorphe Marker auf dem Y-Chromosom (das nur über die männliche Linie Gene weitergibt) untersucht. Die Analyse zeigte klar,  dass Jefferson offenbar der Vater des jüngsten Kindes  war, Eston Hemings (1808-1856).

Das war nur ein Vorspiel zur "Lewinsky-Seifenoper" im August 1998. Die beiden DNA-Tests von Präsident Bill Clintons (geb. 1946)  Blutprobe und der verdächtige Spermafleck auf dem Kleid von White-House-Praktikantin Monica Lewinskys (geb. 1973) hätten erwiesen, dass sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 1: 7 820 000 000 000 (sieben Billionen) identisch seien, wurde vom FBI offiziell mitgeteilt. Daraufhin erhielt das Amtsenthebungsverfahren im Senat eine Mehrheit. Amerikanische Witzbolde forderten daraufhin, den in den USA fast schon heiligen Präsidenten Thomas Jefferson posthum des Amtes zu entheben.

Fortsetzung folgt im zweiten Teil der Beitragsreihe.

Referenzen:
  1. Renneberg, Reinhard et al. (2022, in Vorbereitung): Biotechnologie für Einsteiger (6. Auflage), Springer Spektrum, Heidelberg.
  2. www.wikipedia.de