Nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM): hohe 5-Jahres-Gesamtmortalität bei pulmonaler Infektion

​​​​​​​Über ein Viertel der Patienten mit einer pulmonalen Infektion mit dem nichttuberkulösen Mykobakterium Mycobacterium avium complex (MAC) starb binnen 5 Jahren – so das Ergebnis einer MEDLINE-basierten Studenanalyse.

Über ein Viertel der Patienten mit einer pulmonalen Infektion mit dem nichttuberkulösen Mykobakterium Mycobacterium avium complex (MAC) starb binnen 5 Jahren – so das Ergebnis der überwiegenden Zahl der Studien einer MEDLINE-basierten Literaturanalyse.1 

Diese wurde auf dem 58. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) vorgestellt2. Die Autoren schlossen 13 Studien mit insgesamt 2.744 Patienten in ihr Review ein: In 10 davon betrug die 5-Jahres-Gesamtmortalitätsrate im Durchschnitt über 25 % (Range: 10 bis 66 %).1 

"Die Erkenntnisse sind besorgniserregend und unterstreichen erneut, dass die Erkrankung früh erkannt und mit einer leitliniengerechten Dreifachkombination behandelt werden muss“, erläuterte Prof. Dr. Roland Diel von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Besonders hohe Raten für die Gesamtmortalität fand die Übersichtsarbeit in Studien, bei denen die Patienten eine kavernöse MAC-Erkrankung der Lunge oder eine Makrolidresistenz hatten.1

Erkrankungen durch nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) stellen eine wachsende diagnostische und klinische Herausforderung dar.3 Inzidenz, Prävalenz, Hospitalisierungsrate und Mortalität der pulmonalen NTM-Erkrankung haben weltweit in den letzten Jahrzehnten zugenommen.3 Zu den wichtigsten und verbreitetsten pulmonalen NTM gehört der MAC.4 Eine MAC-Infektion der Lunge ist bekanntermaßen schwierig zu behandeln: Die Erfolgsrate der Therapie betrug in Studien 40-60 %.5 

Bei Patienten mit fibrokavernösen Veränderungen war der Behandlungserfolg deutlich schlechter als bei einem nicht-kavernösen Befund.5 Zudem kam es bei 30-50 % der pulmonalen MAC-Infektionen nach erfolgreicher antibiotischer Therapie zum erneuten mikrobiologischen Nachweis des Keims.5 Hinsichtlich MAC mit kavernösen Veränderungen plädierten die Studienautoren Ito Y., Hirai T., Maekawa K., et al. bereits 2012 in einer Publikation für eine unver­züg­liche Behandlung solcher Patienten, um ihre Überlebenschancen zu verbessern.6 

"Kavernen sind auch deswegen gefürchtet, weil die Keime dort schwerer für eine antibiotische Therapie zugänglich sind", erläuterte Dr. H. Jost Achenbach, Lungenklinik Lostau, Lostau. Zudem benennt die Übersichtsarbeit ein fortgeschrittenes Alter, mehrere Komorbiditäten, einen niedrigeren Body Mass Index sowie männliches Geschlecht als Prädiktoren für die 5-Jahres-Mortalität, die in den analysierten Studien häufig genannt wurden.1

Pulmonale NTM-Erkrankung wird oft verzögert diagnostiziert

NTM kommen ubiqitär vor und stellen ein Infektionsrisiko für suszeptible Individuen dar – das sind häufig Patienten mit einer prädisponierenden chronischen Lungenerkrankung, wie z. B. COPD oder Bronchiektasen.3 

Bei ihnen überschneidet sich die Symptomatik der Grunderkrankung mit den unspezi­fischen Symptomen einer pulmonalen NTM-Erkrankung (NTMPD).3 Daher wird die korrekte Diagnose (basierend auf klinischen, radiologischen und mikrobiologischen Kriterien4) oft erst mit großer Verzögerung gestellt.3 

Therapeutisch ist eine NTMPD anspruchsvoller als die Behandlung einer unkomplizierten Lungen­tuberkulose: Die Therapie ist in der Regel langwierig, toxisch und versagt häufig.3 Die höchste Erfolgschance hat die Initialtherapie.3 Diese soll mit einem Multidrug-Regime entsprechend der Empfehlungen des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)4 bzw. des Statement der American Thoracic Society (ATS) und der Infectious Diseases Society of America (IDSA)7 durchgeführt werden.3 

Bei schweren Verläufen sowie Infektionen durch seltene NTM-Spezies wird ein interdisziplinäres Vorgehen sowie die Überweisung an ein Spezialzentrum empfohlen.Mit Blick auf die Zukunft werden dringend spezifische antimikrobiotische Mittel benötigt, mit denen eine einfachere, effizientere und nebenwirkungsärmere Therapie erreicht werden kann.7

Referenzen

1 Van der Lahn R, Obradovic M. Mortality in patients with mycobacterium avium complex lung disease – a review of published literature. Poster auf dem 58.Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) 2017, Stuttgart.

2 Meet the Expert „Nichttuberkulöse Mykobakterien: Lunge in Gefahr – Leben in Gefahr? Aktuelle Daten zur Mortalität pulmonaler MAC-Infektionen“, 24.03.2017, Stuttgart, im Rahmen des DGP-Kongress 2017. Veranstalter: Insmed Germany.

3 Ringshausen FC, Rademacher J. Lungenerkrankungen durch nichttuberkulöse Mykobakterien. Internist 2016; 57:142–152.

4 Schönfeld N, Haas W, Richter E et al. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie nichttuberkulöser Mykobakteriosen des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

(Recommendations on the diagnosis and therapy of nontuberculous mycobacterioses by the German Central Committee for Fighting Tuberculosis [DZK] and by the German Society for Pneumonology and Respiratory Medicine [DGP]). Pneumologie 2013; 67:605–633.

5 Stout JE, Koh W-J, Yew WW. Update on pulmonary disease due to non-tuberculous mycobacteria. Int J Infect Dis 2016; 45:123–134.

6 Ito J et al. Predictors of 5-year mortality in pulmonary Mycobacterium avium-intracellulare complex disease. Int J Tuberc Lung Dis 2012; 16(3):408–414.

7 Griffith DE, Aksamit T, Brown-Elliott BA et al. An official ATS/IDSA statement: diagnosis, treatment, and prevention of nontuberculous mycobacterial diseases. Am J Respir Crit Care Med 2007; 175:367–416.