Ein Mensch erleidet einen Herz-Kreislauf-Stillstand und selbst unter fortgesetzter Herzdruckmassage kommt das Herz nicht wieder in Gang. Für solche tragischen Fälle steht Notfallmedizinern seit wenigen Jahren eine neue Methode zur Verfügung.
Bei der extrakorporalen Herz-Lungen-Wiederbelebung (eCPR) kommt in Deutschland zunehmend eine mobile Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz, welche die Zeit bis zu einer lebensrettenden Klinikbehandlung überbrücken kann. Es besteht die Hoffnung, mit der eCPR eine Steigerung der Überlebensrate bei diesen zwischen Leben und Tod schwebenden Patienten zu erreichen. Dies ist aber durch Studien noch nicht ausreichend belegt. Umgekehrt erfordert die Anwendung des Geräts einen immensen logistischen Aufwand. Deshalb fordert die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) dringend weitere Studien und auch eine Diskussion über die großen ethischen Fragen, die durch den Einsatz von eCPR entstehen.
Die extrakorporale Herz-Lungen-Wiederbelebung bringt den stillstehenden Kreislauf des Patienten wieder in Gang. Dabei wird eine mobile Herz-Lungen-Maschine oft noch außerhalb der Klinik über die großen Leistengefäße an den Patientenkreislauf angeschlossen. Das Gerät übernimmt dabei – wie eine klinisch-stationäre Herz-Lungen-Maschine auch – sowohl die Pumpfunktion des Herzens als auch die Funktion der Lunge, das Blut mit Sauerstoff anzureichern. "Zahlreiche Einzelfallberichte und erste Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass die Überlebensrate von Patienten mit Herzinfarkt oder Lungenembolie mithilfe der eCPR gesteigert werden kann", sagt Professor Dr. med. Stefan John, Leiter des Funktionsbereichs Intensivmedizin am Klinikum Nürnberg und Präsident der DGIIN. "Angesichts der noch immer geringen Überlebenszahlen unter konventioneller Herzdruckmassage kann dies eine wichtige Entwicklung darstellen. Allerdings ist die Datenlage dafür auch noch sehr dünn", so der Experte.
Nach Ansicht des Experten birgt der Einsatz einer eCPR nämlich auch erhebliche Risiken. "Es braucht dringend randomisierte Studien, die untersuchen, bei welchen Patientengruppen und unter welchen Voraussetzungen eine eCPR aussichtsreich ist", sagt John. Der mit einer eCPR verbundene Aufwand ist enorm und eine Entscheidung für oder gegen die eCPR muss in jedem Fall sehr schnell getroffen werden, oft ohne, dass alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen. "Der wichtigste Faktor ist sicherlich die Dauer, für die das Gehirn nicht oder nur unzureichend durchblutet war", erläutert der Experte. Dafür müsse der genaue Zeitpunkt des Herzversagens ebenso bekannt sein wie der Beginn und die Qualität der Reanimation. Für die Prognose ist es auch essentiell zu wissen, welche Ursache der Herz-Kreislauf-Stillstand hat und ob diese überhaupt beseitigt werden kann. Im Idealfall sollten auch das Alter des Patienten, mögliche Grunderkrankungen sowie der Wille des Patienten bekannt sein.
Da diese Informationen oft nicht rasch genug verfügbar sind, birgt die eCPR die Gefahr der Übertherapie. "Wenn der Kreislauf wiederhergestellt wird, obwohl schon unumkehrbare Hirnschäden eingetreten sind, entstehen schwer zu lösende ethische Fragestellungen", mahnt John. Ein denkbarer Fall wäre beispielsweise ein Patient mit schwerer Hirnschädigung und ohne Aussicht auf eine eigene Herzfunktion, der aber durch die Herz-Lungen-Maschine künstlich am Leben erhalten werde. Eine für Angehörige, aber auch für das Behandlungsteam dann äußerst belastende Situation.
Für John steht die eCPR damit beispielhaft für die Entwicklung der modernen Intensiv- und Notfallmedizin, die große Chancen bietet, aber auch besondere ethische Herausforderungen mit sich bringt.
Quelle: DGIIN