Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben einen neuen Mechanismus der langanhaltenden Schmerzbekämpfung entdeckt. Der Botenstoff Interleukin-4 veranlasst eine spezielle Klasse von Blutzellen am Entzündungsort, Opioide als körpereigene Schmerzstiller herzustellen.
Eine Entzündung des peripheren Nervensystems kann zu chronischen Schmerzen führen. Verschiedene Immunzellen im Blut beeinflussen diese Entzündungsreaktionen durch hemmende oder fördernde Botenstoffe, sogenannte Zytokine. Hierzu zählt auch das Interleukin-4 (IL-4), das aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung bereits zur Schmerzlinderung therapeutisch eingesetzt wird.
Das Team um Prof. Dr. Halina Machelska vom Arbeitsbereich Experimentelle Anästhesiologie am Campus Benjamin Franklin in Berlin untersuchte die Wirkungsweise von IL-4 anhand eines Tiermodells, das dem schmerzhaften Ischiassyndrom beim Menschen nachempfunden ist. Eine Injektion von IL-4 am entzündeten Nerv verringerte das Schmerzempfinden zunächst nur für einen Zeitraum von einigen Minuten, die wiederholte tägliche Gabe führte jedoch zu einer Schmerzreduzierung von bis zu acht Tagen. Im entzündeten Gewebe sammelten sich durch IL-4 vor allem sogenannte M2-Makrophagen an, Fresszellen des Immunsystems, die Opioide produzieren und so das Schmerzempfinden verringern.
Mit ihrem neuen Ansatz möchte Prof. Machelska gezielt die entzündungshemmenden Eigenschaften der M2-Makrophagen nutzen: "Unsere Erkenntnisse sind für verschiedene Erkrankungen relevant, denen eine Immunantwort zugrunde liegt: von Arthritis über neurodegenerative Erkrankungen bis hin zu Krebs."
Wurden die M2-Makrophagen dann aus dem entzündeten Gewebe isoliert und auf ein weiteres Versuchstier übertragen, verringerte sich auch dessen Schmerzempfindlichkeit. Die Forschenden untersuchten die isolierten Zellen genauer und fanden heraus, dass sie verschiedene körpereigene Opioide wie Endorphin, Enkephalin und Dynorphin ausschütteten und so entsprechende Opioid-Rezeptoren direkt am Entzündungsort aktivierten.
"Durch ihre periphere Wirkung außerhalb des Gehirns lassen sich unerwünschte Nebenwirkungen wie Betäubung, Übelkeit oder Abhängigkeit vermindern", erklärte Prof. Machelska. Sie fügte hinzu: "Diese Erkenntnisse könnten ein neuer Ansatz sein, um zukünftig alternative Möglichkeiten der Schmerztherapie für die Patientinnen und Patienten zu entwickeln."