PsychologInnen der Universitäten Freiburg und Trier belegen, dass das menschliche Gehirn künftige Handlungseffekte vorhersagt.
Der Mensch ist gemeinhin ein vorausschauend handelndes Wesen. Sein Gehirn ist in der Lage, künftige Handlungsmuster und deren Konsequenzen in der Umwelt vorherzusagen. Damit, so die Theorie, ist zielgerichtetes Handeln möglich.
In einer Studie hat ein Forschungsteam um Dr. David Dignath und Prof. Dr. Andrea Kiesel vom Institut für Psychologie der Universität Freiburg sowie KollegInnen von der Universität Trier untersucht, wie solche Vorhersagen auf neuronaler Ebene aussehen. "Wir sind davon ausgegangen, dass es eine neuronale Aktivität gibt, welche die Erwartungshaltung widerspiegelt und dem Handeln vorausgeht", erläuterte Kiesel. Um das zu testen, zeichneten die Forschenden die Hirnaktivität von insgesamt 60 Probandinnen und Probanden mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) auf. "Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Erwartung dessen, was wir in der Umwelt verändern, bereits vor Beginn einer Handlung in der Hirnaktivität messen lässt", sagte Dignath. Die Resultate bestätigen damit die Annahme der WissenschaftlerInnen und stützen klassische Theorien der Handlungskontrolle.
Theorien zur psychologischen Handlungskontrolle besagen, dass Menschen handeln, um etwas in ihrer Umgebung zu bewirken. Sie erzeugen dadurch absichtlich bestimmte Handlungseffekte – und sind somit aktiv Handelnde und nicht passiv Reagierende. "Beim Klavierspielen werden die Tasten gedrückt, um entweder nur eine Bewegung zu machen, die durch die Notenanordnung auf dem Notenblatt bestimmt ist, oder aber, um eine Melodie als Effekt zu erzeugen", sagte Kiesel. Ziel der vorliegenden Studie war es nachzuweisen, dass solche Effekte im EEG messbar sind, während eine Handlung geplant, aber noch nicht ausgeführt wird.
Während der Experimente drückten die Testpersonen einige hundert Male auf zwei verschiedene Computertasten. Beim Drücken der einen Taste erschien das Bild, das mit einer Frequenz von sechs Hertz flackerte. Beim Druck auf die andere Taste erschien ein Bild, das um einiges schneller, nämlich mit einer Frequenz von zehn Hertz, flackerte. Durch abwechselndes Drücken der Tasten lernten die Teilnehmenden, wann welches Bild erschien, und entwickelten eine entsprechende Erwartungshaltung. "Das Gehirn reagiert besonders stark auf die Frequenz, in der das jeweilige Bild gezeigt wird, in diesem Experiment also entweder sechs oder zehn Hertz", erläuterte Dignath. Das wiederum zeige sich im EEG, während ProbandInnen die flackernden Bilder beobachteten, die auf den Tastendruck folgten.
Neu ist, dass die Forschenden nachweisen konnten, dass sich aus dem EEG-Signal bereits vor Beginn der Handlung auslesen lässt, welches Bild erzeugt wird. So zeigte die Gehirnaktivität im EEG ein charakteristisches Muster, bevor eine Taste gedrückt wird. "Unser Gehirn funktioniert über Kontraste", erklärte Dignath weiter. Das bedeutet, dass das Gehirn, kurz bevor der Proband eine der beiden Tasten drücke, jeweils in einem bestimmten Bereich weniger neuronale Aktivität zeige als im Ruhezustand. "Erscheint das Bild dann tatsächlich, fährt die Aktivität in diesem Bereich hoch, sodass es schnell registriert wird. Das Besondere daran ist, dass diese Antizipation direkt im EEG sichtbar ist, noch bevor die eigentliche Handlung ausgeführt wird", betonte Dignath zum Abschluss.