Pflegerinnen und Pfleger werden in Deutschland händeringend gesucht. Doch der Verdienst macht den Beruf nicht eben attraktiv. Das soll sich ändern. Gesundheitsminister Spahn nennt eine Hausnummer - und zieht damit Kritik auf sich.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will für Pflegefachkräfte einen Monatslohn von mindestens 2.500 Euro erreichen und damit besonders Beschäftigte in Ostdeutschland besserstellen. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte der CDU-Politiker zur Höhe eines Mindestlohns in der Pflege: "Gute 14 Euro - und das ist immer noch wirklich ein Mindestlohn." Spahn wies darauf hin, dass dies für viele Beschäftigte eine erhebliche finanzielle Verbesserung wäre: "Gerade in der Altenpflege verdienen Zigtausende zum Teil deutlich weniger als diese 2.500 Euro."
Laut Bundesgesundheitsministerium verdienten Fachkräfte in der Altenpflege 2017 in Westdeutschland im Schnitt 2.855 Euro brutto und in Ostdeutschland 2.356 Euro. Für Pflegehilfskräfte betrug das Durchschnittseinkommen im Westen 2.026 und im Osten 1.759 Euro.
Der Mindestlohn für Hilfskräfte in der Altenpflege liegt derzeit bei 11,05 Euro pro Stunde im Westen und in Berlin, im Osten sind es 10,55 Euro. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn beträgt derzeit 9,19 Euro in der Stunde.
Das Bundeskabinett hatte im Juni ein Gesetz für höhere Löhne in der Alten- und Krankenpflege auf den Weg gebracht. Ziel ist es, dass möglichst in der gesamten Pflegebranche künftig Tariflöhne gezahlt werden. Gelingt dies nicht, sollen die geltenden Mindestlöhne in der Pflege angehoben und in Ost und West vereinheitlicht werden. Das Gesetz soll im Herbst vom Bundestag verabschiedet werden.
Im Bereich Alten- und Krankenpflege arbeiten rund 1,6 Millionen Menschen. Es sind aber fast 40.000 Stellen unbesetzt - doch die Zahl Pflegebedürftiger wächst. Nach einer noch unveröffentlichten Krankenhausstudie der Unternehmensberatung Roland Berger, aus der die Wirtschaftswoche zitiert, suchen allein die rund 1.900 Krankenhäuser etwa 30.000 Pflegerinnen und Pfleger. Gut jedes zehnte Krankenhaus (11 Prozent) befürchte, dass es Betten in Intensivstationen sperren müsse, oder dass die Stationen ganz infrage stünden.
Die bislang vergleichsweise schlechte Bezahlung ist einer der Gründe dafür, dass der Pflegeberuf unattraktiv ist. Offen ist noch, wie die steigenden Kosten in der Pflege - auch durch höhere Löhne - finanziert werden sollen.
Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums sagte, noch sei nicht klar, wie hoch die Kosten ausfallen würden. Wenn dies bekannt sei, "werden wir ein tragfähiges Finanzierungskonzept dazu vorlegen". Vereinbart sei, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen nicht überlastet werden sollen.
Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands bpa, Rainer Brüderle, warf dem Gesundheitsminister vor, er werfe "eine völlig willkürlich gegriffene Zahl in den Raum". Man frage sich zudem, warum eine Kommission von Fachleuten einberufen werden soll, um einen Pflegemindestlohn festzulegen, wenn Spahn schon jetzt politische Vorgaben mache. "Statt populistisch über Zahlen zu fabulieren, sollte der Bundesgesundheitsminister seiner ureigensten Aufgabe nachkommen und endlich Vorschläge vorlegen, wie höhere Löhne finanziert werden."
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte ein Finanzierungskonzept an. Gehälter unter 16 Euro pro Stunde dürfe es in der Altenpflege nicht geben, sagte ihr Vorstand Eugen Brysch. "Der Gesundheitsminister muss jetzt erklären, dass die berechtigten Lohnsteigerungen nicht von den Pflegebedürftigen gezahlt werden können. Denn die Betroffenen sind am Limit. Es ist unverantwortlich, dass Jens Spahn hierzu schweigt." Der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe vermisste ebenfalls "verbindliche Antworten" Spahns auf die Finanzierungsfrage.