Bei Fluconazol, einem zugelassenen Medikament gegen Pilzbefall, haben ForscherInnen nun überraschende neue Eigenschaften entdeckt. Die Substanz hilft, Wasser aus dem Urin zu ziehen, wie Experimente an Nagern nahelegten. Der Weg zu einer Therapietherapeutischen Anwendung z. B. bei seltenen genetischen Nierenerkrankungen ist trotzdem nicht so einfach.
Bis zu 20 Liter Harn rauschen bei Erkrankten täglich in die Toilette, und ebenso viel müssen sie auch trinken. Das schränkt das Leben von Patientinnen und Patienten mit Wasserharnruhr (Diabetes insipidus) stark ein. Bei ihnen entzieht die Niere dem Harn nicht genügend Wasser. Dies kann genetische Ursachen haben, aber zum Beispiel auch durch Medikamente ausgelöst werden. Diesen Menschen könnte zukünftig ein eigentliches Pilzmedikament mit dem Namen Fluconazol helfen.
Das Arzneimittel aktiviert Aquaporine in den Zellen der Niere, die in kleinen Vorratsbläschen gespeichert werden. Einmal aktiviert bilden sie Poren in der Zelloberfläche, durch die Wassermoleküle fließen können. Die Niere transportiert so Wasser aus dem Harn zurück in den Körper.
Normalerweise wird dieser Prozess durch das Hormon Vasopressin exakt gesteuert. Wenn das Hormon fehlt oder an der Zelle nicht wirken kann, kann dies zu massiven Verlusten an freiem Wasser über den Urin führen. Fluconazol schafft es interessanterweise auch ohne Hormon, zumindest zu einem gewissen Grad den Wasserhaushalt zu regulieren. Etwa 30% der normalen Wasserrückgewinnung kann Fluconazol auch ohne Vasopressin bei Mäusen wiederherstellen.
Fluconazol nützt aber nur etwas, wenn in der Nierenzelle noch die Maschinerie für die Aquaporine intakt ist. Patientinnen und Patienten, deren Aquaporin-Gen mutiert ist, könnte eine zukünftige Therapie mit Fluconazol zum Beispiel nicht helfen.
Hoffnung gibt es jedoch für die Betroffenen, deren Körper erblich bedingt zu wenig Vasopressin produziert, oder deren Nierenzellen durch eine Mutation gegenüber dem Hormon unempfindlich sind. Zudem scheidet etwa die Hälfte der Personen, die Lithium als Medikament nehmen müssen, zu viel Wasser aus. Auch ihre Nieren reagieren nicht mehr ausreichend auf das Hormon und könnten im Prinzip von Fluconazol profitieren.
Jeder Mensch erzeugt in seinen Nieren täglich ganze 180 Liter Primärharn. Am Ende dürfen aber nur wenige Liter pro Tag als Urin entstehen. Dafür ziehen die winzigen Röhrchen, die den Harn ins Nierenbecken leiten, je nach Bedarf mehr oder weniger Wasser aus der Flüssigkeit. Entscheidend für die hormonell gesteuerte Feinabstimmung dieses Prozesses sind die Sammelrohre.
An dieser Stelle greift das "wiederentdeckte" Pilzmedikament ein. Unter dem Einfluss des Medikaments wanderten die Aquaporine an die Oberfläche der Zelle. Außerdem verbesserte Fluconazol den Wassertransport in den Sammelrohren von Mäusenieren.