Rauchen ist der größte Risikofaktor für Erkrankungen der Atemwege. Feinstaub und Stickoxide führen allerdings dazu, dass Lungenkranken buchstäblich die Luft wegbleibt. Müssen Autos aus den Innenstädten verbannt werden?
Die gesundheitlichen Risiken der Luftverschmutzung werden aus Sicht von Lungenärzten durch den Klimawandel noch verstärkt. "Die Stadtbevölkerung, die an viel befahrenen Straßen lebt, ist am meisten gefährdet", sagte der Pneumologe Christian Witt der Deutschen Presse-Agentur aus Anlass des Deutschen Lungentages am Samstag (29.9.).
Die Konzentration von Schadstoffen wie Feinstaub und Stickoxiden sei bei großer Hitze und anhaltender Trockenheit erhöht. "Darunter leiden Patienten mit chronischer Bronchitis, Asthma oder COPD", sagte Witt. Eine Folge seien mehr stationäre Aufnahmen wegen Lungenerkrankungen in Kliniken.
Witt forderte eine Wende in der Verkehrspolitik. "Wir benötigen mehr Elektromobilität zum Schutz unserer Patienten", betonte der Medizinprofessor von der Berliner Charité. Eine besondere Problematik seien Dieselmotoren, deren Stickoxide ganz starke Reizstoffe und Entzündungsstimulatoren für Atemwege seien. "Treffen die Schadstoffe auf eine bereits geschädigte Schleimhaut, wirken sie wie ein Brandbeschleuniger - Entzündungen werden angefeuert", sagte Witt.
Der 21. Deutsche Lungentag mit Aktionen in zahlreichen Städten steht unter dem Leitthema "Dicke Luft - Gefahr für die Lunge". In Berlin wurde gemeinsam mit der Akademie der Künste ein Malwettbewerb für Schüler initiiert, die besten Arbeiten werden ausgestellt. Der Lungentag wird von wissenschaftlichen Gesellschaften der Lungenheilkunde und Patientenorganisationen organisiert.
Bundesweit gibt es Millionen lungenkranker Menschen. Jährlich erkranken in Deutschland über 50.000 Menschen an Tumoren der Lunge oder Bronchien, Auslöser ist häufig das Rauchen. Welchen Anteil die Luftverschmutzung hat, ist schwer zu bestimmen. "Unstrittig ist das erhöhte Risiko an einer Lungenentzündung zu erkranken, wenn man dauerhaft mit Feinstaub belastete Luft einatmet", sagte der Epidemiologe Joachim Heinrich von der Universität München.
Nach der europäischen Studie Escape gibt es zudem einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Risiko für Lungenkrebs und Feinstaub der Partikelgröße PM 10. Laut einer Statistik der Europäischen Umweltagentur EEA kam es in Deutschland 2017 zu rund 54.000 bis 66.000 vorzeitigen Todesfällen durch Feinstaub, 12.000 bis 44.000 durch Stickoxide und 2200 durch Ozon. Allerdings nahm die Belastung der Luft mit Schadstoffen in den vergangenen 25 Jahren laut Bundesumweltamt deutlich ab.
Besonders gefährdet seien oft arme Menschen, die an stark belasteten Straßen wohnten, sagte Pneumologe Witt. "Zu bedenken ist, dass die Grenzwerte der EU weit über den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angegebenen Grenzwerten für Schadstoffe liegen", sagte der Berliner Mediziner. Eine Beeinträchtigung könne es aber auch geben, wenn Grenzwerte nicht überschritten werden. Witt sagte: "Viele Lungenfachärzte fragen ihre Patienten inzwischen, wo sie wohnen, und raten gegebenenfalls zu einem Umzug in eine weniger belastete Umgebung."
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