Die Kompetenz der Dermatologie liegt im Verständnis der Pathogenese, in der Diagnostik und Behandlung der Haut sowie von sexuell übertragbaren Erkrankungen. Die meisten proktologischen Symptome sind ebenso vielfach auf Hautveränderungen zurückzuführen, weshalb DermatologInnen hier der richtige Ansprechpartner sein können.
Im anogenitalen Bereich kann die Beurteilung von Hauterkrankungen aufgrund der speziellen Terrainbedingungen zur diffizilen Herausforderung werden. Denn durch die lokale Feuchtigkeit stellen sich klassische Dermatosen in Struktur und Form etwas anders dar. Zudem verzögert sich der Zeitpunkt der ärztlichen Vorstellung durch das Schamgefühl der Patientinnen und Patienten.
Die Betroffenen wenden zunächst verschiedenste "Hausmittelchen“ an, die das Krankheitsbild häufig eher noch verschlimmern. All dies beeinflusst das klinische Bild, sodass andere ärztliche Disziplinen auf dermatologische Expertise angewiesen sind.
Die meisten proktologischen Symptome sind direkt oder indirekt auf Hautveränderungen zurückzuführen. "Die Kenntnis der anatomischen Verhältnisse, der Krankheitsbilder und vor allem die Fähigkeit, mittels proktologischer Untersuchungen die Ursachen voneinander abzugrenzen und Ko-Faktoren zu berücksichtigen, wird von den Dermatologinnen und Dermatologen erwartet", berichtete Dr. med. Gerhard Weyandt, Chefarzt und Leiter des Hautkrebszentrums am Klinikum Bayreuth.
Auf dem Gebiet der Proktologie kann die Dermatologie ihre Kernkompetenz beweisen, indem sie auch bei multifaktoriellen Krankheitsbedingungen, neben der korrekten Diagnosestellung, durch eine differenzierte lokale und gegebenenfalls systemische Behandlung Abheilung und Beschwerdefreiheit erzielt.
Die aktuellen dermatologischen Versorgungsstrukturen bringen für Patientinnen und Patienten mit proktologischen Beschwerden häufig lange Wartezeiten mit sich, die dem raschen Verlauf der Krankheitsbilder nicht gerecht werden. Als Begründung wird der hohe zeitliche und instrumentelle Aufwand für proktologische Untersuchungen bei unzureichender Vergütung genannt.
Die Ausrichtung auf alternative dermatologische Schwerpunkte in der Weiterbildung und mangelnde Erfahrung bedingen zudem ein reduziertes Leistungsangebot von Hautarztpraxen für eine gesamtproktologische Beurteilung. Dies alles führt dann zu einer Weiterüberweisung an chirurgische oder internistische Fachkolleginnen und Fachkollegen, denen in Folge auch die Diagnostik und Therapie des dermatologischen Krankheitsbildes überlassen werden.
Mit der Zeit führt diese Entwicklung unweigerlich zum Verlust eines Kompetenzanspruchs des dermatologischen Fachgebietes im Teilbereich Proktologie und im nächsten Schritt konsequenterweise zum Verlust des Teilgebietes. Eine Entwicklung, die durch gute Weiterbildung und damit Kompetenzzuwachs sowie der Förderung des Interesses an der Proktologie zu vermeiden ist.