In Mecklenburg-Vorpommern soll das Bestattungsgesetz erneuert werden. Veränderungsbedarf sehen Ärzte vor allem bei der Leichenschau. Derzeit bleiben nicht nur Krankheiten, die zum Tod führten, sondern auch Tötungsdelikte unentdeckt.
Zur Aufklärung unklarer Todesursachen fordert der Greifswalder Rechtsmediziner Klaus-Peter Philipp mehr Obduktionen in Mecklenburg-Vorpommern. Einer früheren Studie zufolge bleibt etwa jedes zweite Tötungsdelikt in Deutschland unentdeckt, wie Philipp am Montag in Schwerin vor der Expertenkommission des Landtags zur Bestattungskultur in Mecklenburg-Vorpommern sagte. Das bedeute, dass rund 1.200 Tötungsdelikte pro Jahr unbemerkt blieben. Vor 20 Jahren seien noch Suizide obduziert worden, heute nicht mehr. "Wenn die Polizei sagt, das ist ein Suizid, gibt die Staatsanwaltschaft den Toten (zur Bestattung) frei", sagte der Rechtsmediziner. Im Dunkelfeld ungeklärter Tötungsfälle verschwänden besonders Alte, Kranke, Kinder und Behinderte. "Wer wundert sich, wenn ein 85-Jähriger stirbt?", sagte er.
In Deutschland erfolge nur in rund drei Prozent aller Todesfälle eine Obduktion. Europaweit seien es 15 Prozent, in Skandinavien mehr als 30 Prozent. Er befürwortete eine amtsärztliche Verwaltungsobduktion in unklaren Fällen. Geklärt werden müsse, wer die Kosten dafür trage. Das könnte das öffentliche Gesundheitswesen sein. Philipp sprach sich für ein bundeseinheitliches Leichenschaurecht aus. Bislang habe er keine Antwort auf die Frage erhalten, warum das bundesweit nicht einheitlich geregelt sei.
Der Vorsitzende der Landes-Ärztekammer, Andreas Crusius, plädierte für eine Obduktionsquote von 100 Prozent. Dies werde in Deutschland nicht zu schaffen sein, räumte er ein. Die Kenntnis der genauen Todesursachen wäre aber wichtig für eine bessere Prävention. Wenn die Ärzte wüssten, wie viele Tumoren oder stumme Herzinfarkte unentdeckt blieben, hätten sie auch eine andere Basis, um die Therapie zu optimieren, erklärte er.
Die Linke-Abgeordnete Eva-Maria Kröger forderte, die Qualität der ärztlichen Leichenschau im Land zu verbessern. Es müsse eine Pflichtfortbildung geben, nicht nur für Mediziner, sondern auch für Polizisten an der Fachhochschule Güstrow. Ärzte müssten in unklaren Fällen Rechtsmediziner zur Leichenschau hinzuziehen dürfen, sagte sie. Bislang sei das nur Behörden wie der Polizei gestattet.
Auch dies könne zur besseren Erkennung der Todesursache beitragen. Experten berichteten auch, dass gut 60 Prozent aller Diagnosen auf dem Totenschein nicht mit der Diagnose nach einer Obduktion übereinstimmen. Zu klären sei die Kostenübernahme, sagte die Abgeordnete. "Der letzte Dienst am Menschen muss eine Leistung des öffentlichen Gesundheitswesens bleiben", forderte sie. Die Krankenkassen stünden in der Verantwortung. Die Kommission will am 11. März weiter beraten.