Die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) hat eine hochschuleigene, autonome Roboterplattform, den Assistenzroboter "ROSWITHA" (RObot System WITH Autonomy) entwickelt. Ausgehend vom Stand des technischen Innenlebens widmet sich ein interdisziplinäres Wissenschaftsteam des Forschungszentrums FUTURE AGING in den kommenden drei Jahren der äußeren Gestaltung des Roboters, dem sogenannten Embodiment.
"Dank der Förderung der Commerzbank-Stiftung werden wir nun in der Entwicklung von ROSWITHA, unserem hochschuleigenen Assistenzroboter, entscheidend vorankommen und auf die durch den demografischen Wandel stetig wachsenden Herausforderungen in der Pflege mit einer von der Zielgruppe akzeptierten Lösung antworten können", freut sich Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich, Präsident der Frankfurt UAS. Kirsten Böddeker, Vorständin der Commerzbank-Stiftung ergänzt: "Mit unserer Förderung wollen wir eine wissenschaftlich basierte Produktinnovation ermöglichen und damit einen Beitrag zum Bildungsstandort Frankfurt und so auch zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft leisten".
Viele Menschen wollen im Alter oder bei körperlichen Beeinträchtigungen so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben, doch es fehlen schon jetzt Pflegekräfte. Im Jahr 2017 wurden von den 3,4 Mio. pflegebedürftigen Menschen in Deutschland 2,6 Mio. zu Hause betreut (Statistisches Bundesamt, Stand 04/19). Ein im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit erstelltes aktuelles Gutachten spricht schon heute von ca. 120.000 fehlenden Pflegekräften. Assistenzroboter können in Zukunft pflegerische Leistungen ergänzen. "Es geht um Ergänzung und nicht um Ersatz des Pflegepersonals", betont Projektleiterin Prof. Dr. Barbara Klein, Sprecherin des Forschungszentrums FUTURE AGING der Frankfurt UAS. "Mit ROSWITHA können pflegebedürftige Menschen mehr Aufgaben selbst übernehmen und damit Angehörige und Pflegepersonal entlasten."
Der hochschuleigene Assistenzroboter ROSWITHA kann sich autonom in der Wohnung bewegen und auf Aufforderung mit seinem Greifarm Gegenstände bringen. Weitere mögliche Anwendungsfelder können in Zukunft zum Beispiel die Überwachung von Vitalparametern (Blutdruck, Blutzucker etc.) und die Kommunikation mit ÄrztInnen oder Angehörigen über Telepräsenzschaltung sowie die Freizeitgestaltung bspw. mit Programmen zum Gehirntraining sein.
"ROSWITHA kann sich durch umfassende Sensorik und künstliche Intelligenz autonom bewegen und mittels zweier Arme kameragesteuert Objekte wie Flaschen und Trinkbecher greifen. Allerdings sieht er noch sehr 'technisch' aus. Um in Alters- und Pflegeheimen eingesetzt zu werden, ist daher eine Verbesserung des Designs erforderlich", erklärt der Entwickler von ROSWITHA, Prof. Dr. Peter Nauth, Professor für Technische Informatik und Robotik an der Frankfurt UAS. Ziel des Projektes ist, die Frage zu beantworten, wie das Produktdesign, die äußere Gestalt aussehen muss, um eine möglichst hohe Akzeptanz und Nutzungsbereitschaft bei den Menschen zu erzielen, sodass sie in ihrem Alltag bereit wären, einen solchen Roboter zu nutzen.
Während der dreijährigen Produktentwicklung werden SozialwissenschaftlerInnen, ProduktdesignerInnen, und InformatikerInnen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven an einer Lösung arbeiten und dabei von den kurzen Wegen und dem Vorzug profitieren, dass alle diese Disziplinen an der Frankfurt UAS vertreten sind. Zur Beantwortung der praxisbezogenen Forschungsfrage werden im Projektverlauf zusammen mit den zukünftigen AnwenderInnen unterschiedliche Verkörperungen von ROSWITHA konstruiert und mittels virtueller Realität umgesetzt. In zwei Evaluationsphasen werden Verkörperungen zusammen mit den zukünftigen NutzerInnen ausgewählt, mit 3D-Druck realisiert und an dem Robotersystem ROSWITHA angebracht. In einer dritten Evaluationsphase werden diese physischen Gestalten von ProbandInnen getestet, so dass eine Produktentscheidung getroffen werden kann und klar ist, wie ROSWITHA aussehen soll.
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt zeichnet sich dadurch aus, das WissenschaftlerInnen aus den Laboren "Autonome Systeme und Intelligente Sensorik" (Leitung: Prof. Dr. Peter Nauth) und "Virtual Reality und Prototyping" (Leitung: Prof. Dr. Héctor Solis) mit SozialwissenschaftlerInnen in dem von Klein geleiteten Forschungszentrum FUTURE AGING an der Frankfurt UAS gemeinsam daran forschen und entwickeln. Rund 20 ProfessorInnen aus allen vier Fachbereichen der Frankfurt UAS haben an diesem Forschungszentrum die Möglichkeit, Erfahrungen und Expertise aus diesen einzubringen, um nutzungsfreundliche und soziotechnische Forschungs- und Entwicklungsthemen für das Wohnen und Arbeiten in einer älter werdenden Gesellschaft zu bearbeiten.
Ebenso wichtig für das Forschungsprojekt ist das neue Innovation-Lab 5.0, das zum Forschungszentrum FUTURE AGING gehört. Es ist eine Plattform für die Entwicklung technikgestützter Dienstleistungen im Gesundheitswesen wie der Robotik, Sensorik sowie der Virtual und Augmented Reality. Auf rund 100m² wird für eine alternde Gesellschaft geforscht und zusammen mit zukünftigen NutzerInnen, Studierenden und der Industrie Lösungen diskutiert und weiterentwickelt. Zur Unterstützung des Projektziels greift das Projektteam neben den sozial- und pflegewissenschaftlichen Kompetenzen auf die an der Frankfurt UAS vorhandene Erfahrung und Fachkompetenz auf dem Gebiet des Industriedesigns und Ingenieurwesens zurück.
"Die Themen Design- und Produktentwicklung, werden unter den Kernaspekten emotionale Ästhetik, Ergonomie, insbesondere Benutzerfreundlichkeit und Funktionssicherheit zusammengeführt", erklärt Prof. Dr. Héctor Solis, Professor für Produktenwicklung und Industrie-Design. Seine Mitarbeiterin Dipl. Des. Jessica Sehrt, Projektingenieurin am Designlabor für Virtual Reality und Prototyping, ergänzt: "Wir setzen VR in unserem interdisziplinären Produktentwicklungsprozess ein, um zeitoptimierend direkt mit den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern die Gestalt von ROSWITHA zu evaluieren. Das Ergebnis ist die Basis für den ersten Prototypen". "Dabei müssen die Bedürfnisse der Menschen immer im Mittelpunkt und das gesamte sozio-technische System berücksichtigt werden", betont Marina Weiland M.A., Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum FUTURE AGING.