Dass zu viel Zucker bei Kindern Schaden anrichtet, ist unter Forschern unbestritten. Dennoch förderte das Land Hessen bisher gegen die EU-Vorgabe gezuckerte Schulmilch. Nach Kritik von Verbraucherschützern kommt nun ein überraschender Schwenk.
Nach Kritik der Verbraucherorganisation Foodwatch hat das Land Hessen die Förderung von gesüßter Schulmilch gestoppt. Vor dem Hintergrund, dass zuckerhaltige Lebensmittel möglichst komplett aus dem Angebot von Schulen und vorschulischen Einrichtungen herausgenommen werden sollten, habe Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) beschlossen, Kakao künftig gar nicht mehr über das Schulmilchprogramm der EU anzubieten, teilte das Umweltministerium in Wiesbaden am Freitag mit. Die notwendigen Änderungen der Richtlinie würden derzeit erarbeitet und schnellstmöglich umgesetzt.
Foodwatch lobte die Entscheidung am Sonntag und forderte die Landesregierungen in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen auf, dem Beispiel zu folgen und als letzte verbliebene Bundesländer die Förderung gezuckerter Milchprodukte ebenfalls umgehend zu beenden.
Hessen hatte zusammen mit den drei anderen Bundesländern Ausnahmeregelungen geschaffen, um EU-Fördermittel für gezuckerte Milch wie Kakao auszugeben, erklärte die Organisation am Freitag. Zuvor hatte die "Frankfurter Rundschau" darüber berichtet. Die EU hatte zuletzt die Förderung für Hessen erhöht. 650.000 Euro stehen seit diesem Jahr für die Förderung von Milch und Milchprodukten sowie pädagogische Angebote oder Bauernhofbesuche zur Verfügung.
Die Europäische Union hatte 2017 ihr Schulmilch-Förderprogramm reformiert. Den Produkten dürfe möglichst kein Zucker, Salz oder Fett hinzugefügt sein, erklärte die EU. Sie lässt aber zu, dass national Ausnahmeregelungen geschaffen werden können. In einem offenen Brief kritisiert Foodwatch diese Praxis: Es sei inakzeptabel, dass in Hessen weiterhin der Konsum von Kakao mit einem Zuckerzusatz von bis zu sieben Prozent mit staatlichem Geld gefördert werde. "Mit Ihrer Politik leisten Sie der Fehlernährung von Kindern Vorschub, anstatt sie zu verhindern", schreibt Foodwatch.
Am Abend kam dann das überraschende Aus für die süße Milch. Das Umweltministerium erklärte: Kakao werde derzeit noch an Schulen und vorschulische Einrichtungen in Hessen ausgeliefert. Dabei liege das Verhältnis aber bei 7 Prozent Kakao zu 93 Prozent Milch, die Nachfrage sei gering. Der Anteil an Zucker in dem Getränk liege bei nicht mehr als 7 Prozent, dennoch solle es künftig gar nicht mehr angeboten werden.
Laut Bildungsministerium ging der offene Brief an das eigene und das Umweltressort. Zuständig sei aber das Umweltministerium, das auf das Schreiben entsprechend reagiert habe, sagte ein Sprecher.