Was geschieht, wenn sich Antibiotika-resistente Keime in der Umwelt durch Abwasser oder Gülle verbreiten? Diese Problematik betrifft gleichermaßen Menschen und Tiere. Die vor kurzem gegründete Arbeitsgruppe "One Health" hat die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ganzheitlich im Blick. Über die Grenzen von Instituten und Fakultäten kooperieren WissenschaftlerInnen aus der Medizin, Mikrobiologie, Chemie und Agrarwirtschaft an der Universität Bonn, um Forschungsprojekte zum Schutz vor Antibiotika-resistenten Keimen zu entwickeln und Kompetenzen zu bündeln.
Was geschieht, wenn Antibiotika und -resistent-gewordene Bakterien mit dem Abwasser oder der Gülle in die Umwelt und etwa über das Trinkwasser zu Mensch und Tier gelangen? "Diese Fragen beschäftigen gleichzeitig die Human- und die Veterinärmedizin, denn sowohl in Kliniken und Haushalten als auch in Tierställen kommen Antibiotika zum Einsatz", berichtet Dr. med. Dr. agr. Ricarda Schmithausen vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH) des Universitätsklinikums Bonn.
"Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ist eng miteinander verknüpft. Diese Zusammenhänge bedürfen einer ganzheitlichen Betrachtung", sagt IHPH-Direktor Prof. Dr. med. Dr. h.c. Martin Exner. Dieses Ziel verfolgt die neue Arbeitsgruppe "One Health – One Hygiene", die an der Universität Bonn und dem Universitätsklinikum Bonn im Aufbau begriffen ist. "Bonn ist als "One Health"-Standort einzigartig", hebt Schmithausen, Leiterin der Arbeitsgruppe, hervor.
An der Universität Bonn kooperieren fakultätsübergreifend die Landwirtschaftliche Fakultät, das Institut für Tierwissenschaften (ITW) und das FoodNetCenter (FNC). Darüber hinaus forscht die Medizinische Fakultät mit dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit sowie dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie (IMMIP) am Universitätsklinikum Bonn.
Die wissenschaftliche Forschung entwickelt anwendungsbezogene Handlungsempfehlungen zum Schutz der Öffentlichen Gesundheit für den klinischen und landwirtschaftlichen Bereich. "One Health ist unsere gemeinsame Basis, mit der wir alle relevanten Fragestellungen zur Verbreitung von Antibiotika und –resistenten Bakterien in der Umwelt, aber auch bei Menschen und Tieren, die Zusammenhänge und Übertragungswege untersuchen", sagt Schmithausen.
Derzeit wird das One Health-Labor an den beiden Standorten Campus Poppelsdorf und Venusberg in Bonn nach dem neuesten Stand der Technik ausgestattet. Ziel ist es, die Forschung zu bündeln und interdisziplinäre Kompetenzen zu nutzen, um Menschen, Tiere und Umwelt noch besser vor Antibiotika-resistenten Bakterien zu schützen. Schmithausen: "Unsere Präventionspotenziale sind noch lange nicht ausgeschöpft."
Die Arbeitsgruppe "One Health" wurde in Folge der Fortsetzung des HyReKA-Verbundprojektes gegründet (Abkürzung HyReKA für "Biologische bzw. hygienisch-medizinische Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern"), das seit Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Hinzu kommen Fördermittel von Partnern aus Wirtschaft und Politik.
Im HyReKA-Verbundvorhaben untersuchten die ForscherInnen mit weiteren wissenschaftlichen Institutionen, Verbänden und Behörden mögliche Eintragspfade und Verbreitungswege von Antibiotika-resistenten Bakterien, Antibiotika-Resistenzgenen und Antibiotika-Rückständen an einem Krankenhaus der Maximalversorgung, Tiermast- und Schlachtbetrieben sowie aus Flugzeugen und Flughäfen und deren Weiterverbreitung über Kläranlagen in Gewässer.
Hinzu kommen auch Landesförderungen wie etwa des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) zur Untersuchung von 16 Badeseen in Nordrhein-Westfalen, bei der nur sehr geringe Mengen an Antibiotika und entsprechenden resistenten Bakterien gefunden wurden. Die von den WissenschaftlerInnen entwickelten Untersuchungsmethoden werden nun auch dem Labor des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW für weitere Untersuchungen zur Verfügung gestellt.