Deutschland ist ein Niedrig-Prävalenz-Gebiet für Virushepatitiden B, C und D. In bestimmten Subpopulationen jedoch treten die Viren häufiger auf. Aber wie steht es denn nun hierzulande um die Hepatitiseradikation? Eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt, dass es vor allem an verlässlichen Daten fehlt.
Global betrachtet stellen die Virus-Hepatitiden nach wie vor ein großes Problem dar und gehen mit einem hohen Level an Morbidität und Mortalität einher. Schätzungsweise 257 Millionen Menschen sind weltweit von der Hepatitis B betroffen, 71 Millionen von einer Hepatitis C. Weitere 15 bis 20 Millionen sind zudem Träger des Hepatitis-D-Virus.
All diesen Hepatitistypen gemeinsam ist die Übertragung mittels Blut, z. B. beim injizierenden Drogengebrauch, unter der Geburt oder durch ungeschützte Sexualkontakte. Gegen Hepatitis B existiert seit Jahrzehnten eine wiksame Schutzimpfung, im Falle der Hepatitis C gibt es mittlerweile effektive Medikamente zur Behandlung. Und dennoch scheint das Eradikationsziel 2030 in immernoch weiter Ferne.
Zwar gilt Deutschland von jeher als Niedrig-Prävalenzgebiet, doch dies könnte, so die vorliegende Arbeit, vor allem darin begründet sein, dass Risikogruppen innerhalb der Populationsstudien unterrepräsentiert sind. Lässt der Querschnitt durch die deutsche Bevölkerung bei Erwachsenen und Kindern möglicherweise die am häufigsten betroffenen Gruppen aus? Wie valide sind daher die verfügbaren Prävalenzdaten zu den Virushepatitiden?
Sehr häufig sind die hauptsächlich betroffenen Gruppen in den bisher verfügbaren Studien zu Virushepatitiden in Deutschland kaum oder nicht vertreten. Die Forschenden werteten hierzu insgesamt 104 Publikationen aus. Unterrepräsentiert sind beispielsweise injizierende Drogengebrauchende, Gefängnisinsassen, Flüchtlinge aus Prävalenzregionen in der Welt, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, u. a. Gleichzeitig sind jedoch diese Gruppen von Menschen überproprotional häufig einem Hepatitis-Risiko ausgesetzt.
Damit die Eradikation insbesondere der Virushepatitis C gelingen kann, ist es nötig, aus allen Bevölkerungsgruppen, ganz besonders jedoch aus den Risikobereichen, verlässliche Daten zu Inzidenz und Mortalität zu erhalten. Die AutorInnen sehen hierfür einige Möglichkeiten, z. B. indem die medizinische Erreichbarkeit dieser Betroffenengruppen über niedrigschwellige Angebote erhöht wird, oder auch durch gezieltere Diagnostik- und Behandlungsprogramme für Risikogruppen. Denn nur dann lässt sich auf Basis valider Zahlen eine Eradikation führen. Dunkelziffern verursachen hingegen Ungewissheit, Reinfektionen und minimieren die Erfolgsaussichten einer möglichen Eradikation bis 2030 und darüber hinaus.
Originalpublikation:
Steffen G et al., The epidemiology of Hepatitis B, C and D in Germany: A scoping review. PLoS ONE 15(3): e0229166