Der klassische Notruf beinhaltet in der Regel in der Auffindesituation eine "nicht ansprechbare Person". Dieser als Bewusstlosigkeit definierte Zustand kann sehr verschiedene Ursachen haben, was eine schnelle Diagnose erschwert. Mithilfe der Risikostratifizierung lassen sich jedoch dringend behandlungsbedürftige Notfälle erkennen.
Bei der Bewusstlosigkeit handelt es sich im Wesentlichen um eine akute zerebrale Dysfunktion, die jedoch als Symptom zu unspezifisch und heterogen ist, um auf eine unmittelbare Ursache schließen zu lassen. Daher wird jede akute Bewusstlosigkeit auch leitliniengerecht erst einmal als Notfall eingestuft!
Häufig ist die Bewusstlosigkeit das einzige sichtbare Anzeichen für den Notfall der betreffenden Person. Differenzialdiagnostisch kommen dabei jedoch eine ganze Reihe unterschiedlich therapeutisch anzugehender Ursachen in Betracht, so z. B.
1. Die Differentialdiagnostik bei Bewusstlosigkeit beginnt mit dem ABC-Algorithmus (Airways, Breathing, Circulation) und beinhaltet somit zuallererst die Überprüfung der Vitalfunktionen. Daran anschließend werden weitere Vitalparameter und die Atmung kontrolliert, was z.B. Blutdruck, Herzfrequenz, Temperatur und Atemmuster einschließt.
2. Mittels Glasgow-Coma-Scale (GCS) wird anschließend der Schweregrad der Bewusstseinsstörung ermittelt. Zeitglich erhält der Patient / die Patientin eine erste Blutgasanalyse (BGA) sowie einen intravenösen Zugang. An dieser Stelle ist ebenso zu klären, ob eine Intubation erfolgen sollte. Auch ein CCT sowie eine CTA sind hier anzuschließen.
3. Die strukturierte körperliche Untersuchung sucht insbesondere nach Verletzungen und Anzeichen einer Intoxikation und überprüft den neurologischen Status anhand von Reflexen.
4. Danach erfolgt die Fremdanamnese mithilfe Angehöriger oder Partner, bzw. Menschen, die beobachtet haben, wie und wann der Patient / die Patientin bewusstlos wurde. Die Fremdanamnese hilft dabei, mehr über die Umstände zu erfahren, die möglicherweise die Bewusstseinstrübung oder die Bewusstlosigkeit ausgelöst haben könnten. Lag gegebenenfalls sogar ein Fremdverschulden vor?
5. Schließlich weitet sich der Blick auf das persönliche Umfeld der Betroffenen aus. Gibt es eventuell weitere ähnliche akute Symptome bei einem oder mehreren nahen Angehörigen? In solchen Fällen ist z.B. eine Intoxikation eine sehr plausible Ursache für die beobachtete Symptomatik.
Differentialdiagnostisch ist die (konvulsive) Synkope von der Nicht-Synkope, wie z.B. der Epilepsie, zu unterscheiden. Bei der Synkope handelt es sich anders als bei der Epilepsie jedoch um eine vorübergehende zerebrale Minderperfusion. Unterschieden werden hier beispielsweise die Reflexsynkope, die kardiale Synkope sowie die Synkope sekundärer Ursache.
Die Risikostratifizierung nach obigem Schema ist vor allem bei der Synkope sehr wichtig. Bei ernster Ursache soll eine unmittelbare stationäre Aufnahme erfolgen. Dabei gilt aber auch, dass eine Präsynkope genauso abzuklären ist wie die Synkope, da beiden identische Ursachen zugrundeliegen können.
Das Basisassessment zur Abklärung einer Synkope umfasst die Anamnese, die körperliche Untersuchung, ein 12-Kanal-EKG sowie den Blutdruckwert (sitzend und liegend bestimmt).
Quelle: 51. Gemeinsame Jahrestagung DGIIN/ÖGIAIN; Session "Das ABC der Notaufnahmemedizin", Rationale Stufendiagnostik bei unklarer Bewusstseinsstörung (Referent: F. Sayk, Lübeck)