Weil seit langem keine Hausärztin und kein Hausarzt für Spiegelberg im Rems-Murr-Kreis gefunden werden konnte, wird dort nun ein neues Modell erprobt: In der Ohne-Arzt-Praxis sollen sich Patientinnen und Patienten künftig von einer medizinischen Fachangestellten ohne ärztliche Anwesenheit untersuchen lassen.
Ein Allgemeinmediziner ist jedoch per Video dazugeschaltet und kann die Angestellte anleiten. In dem auf etwa zwei Jahre angelegten Pilotprojekt behandelt zunächst nur Jens Steinat, Allgemeinmediziner aus dem Nachbarort Oppenweiler, Patientinnen und Patienten per Telemedizin. Für die Erstuntersuchung müssen die Patientinnen und Patienten weiterhin zu ihm kommen, die Nachsorge kann dann per Video erfolgen.
Künftig sollen laut Tobias Gantner, Geschäftsführer der Betreiberfirma aus Heidelberg, mehrere Hausärztinnen und Hausärzte aus der Umgebung ihre Patientinnen und Patienten in der gemeinschaftlichen Telemedizin-Praxis behandeln können. Dies wäre dann bundesweit einmalig.
Wann Jens Steinat den ersten Telemedizin-Termin anbieten kann, ist bislang noch unklar. "Es gibt noch wichtige Rechtsdinge, die wir vorher einwandfrei klären wollen und müssen", sagte er bei der Vorstellung des Projekts - etwa welche Untersuchungen konkret angeboten werden können, wie sie abgerechnet werden und wer bei Fehlern haftet. Hier sei man mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und der Ärztekammer Baden-Württemberg im Gespräch. Das Projekt wird vom Bund mit 200.000 Euro gefördert.
In Spiegelberg mit seinen etwa 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gibt es seit 2013 keine allgemeinmedizinische Praxis mehr. Bürgermeister Uwe Bossert (Freie Wähler) sagte: "Es ist sehr schwierig, einen Arzt zu bekommen, der aufs Land rausgeht." Derzeit würden alle Patientinnen und Patienten aus Spiegelberg in den Nachbargemeinden versorgt. Einen zweiten Standort für eine "Ohne-Arzt-Praxis" soll es künftig im rund 30 Kilometer entfernten Zweiflingen (Hohenlohekreis) geben. Wann es dort losgeht, ist allerdings noch unklar.