Nutzten im Februar 2020 schon 1.700 Arztpraxen in Deutschland Videosprechstunden, stieg diese Zahl bis April auf 25.000 an, was einem extremen Wachstum von 1.370 Prozent entspricht. "Die Digitalisierung setzt sich durch im Patienten- und Arzt-Alltag: Telemedizinische Beratung und Behandlung sind nicht nur bequemer und zeitsparender, sondern auch sicherer," so Zava CEO David Meinertz.
Wie der Telemedizin Report anhand von interaktiven Diagrammen zeigt, wird das gesteigerte Interesse an der digitalen Sprechstunde auch durch den Anstieg entsprechender Google-Suchanfragen wie etwa "Sprechstunde online" deutlich. Die Umstellung auf die digitale Praxis scheint zu funktionieren: Vier von fünf Deutschen, die die Videosprechstunde bereits genutzt haben, würden dies erneut tun.
Auch wenn Deutschland die Digitalisierung des Gesundheitssystems unter hohem Druck zu meistern scheint, besteht im Vergleich zu anderen europäischen Staaten noch erheblicher Nachholbedarf. Im "Digital Health Index"-Ranking, welches den Digitalisierungsgrad beschreibt, belegt Deutschland von 14 Ländern den vorletzten Platz. Eine besonders große Hürde stellt hierzulande das Thema Datenschutz dar. Nach Einschätzung des Zava Legal Teams liegen die Gründe hierfür in den vergleichsweise strengen Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz sowie der Tatsache, dass jedes Bundesland über eine eigene Datenschutzbehörde verfügt. Dies führe "zu zusätzlichen Unwägbarkeiten in der Anwendung und Auslegung der Datenschutzvorgaben."
Technologische Innovationen im Bereich KI sind in der Verwaltung bereits auf breiter Ebene angekommen, doch gerade in Diagnostik, Behandlung und Nachversorgung kann KI der Medizin neue Möglichkeiten eröffnen. Dies zeigen unter anderem aktuelle Forschungsprojekte wie "Enhanced Recovery after Intensive Care" (kurz: ERIC) und TrueBrainConnect der Charité Berlin. Das große Potenzial von Innovationen im eHealth-Bereich haben internationale Tech-Giganten wie Google und Microsoft längst erkannt und investieren bereits hohe Summen in entsprechende Startups.
Die Entwicklung hin zum digitalen Gesundheitssystem führt zu neuen Anforderungen an den ärztlichen Beruf. Um reibungslose Abläufe sicherstellen zu können, muss dieser sich nun mit der nötigen Technologie auseinandersetzen. Darüber hinaus könnten in Zukunft neue Berufsbilder entstehen. Die Münch Stiftung plädiert für die Etablierung von drei neuen Gesundheitsberufen: der Fachkraft für digitale Gesundheit, des Prozessmanagers für digitale Gesundheit und des Systemarchitekten für digitale Gesundheit. Diese sollen dabei helfen, die digitale Transformation besser voranzubringen. Wie der Report eindrücklich dokumentiert, ist hierfür jedoch weit mehr notwendig – nämlich die Schaffung technischer Infrastrukturen und gesetzlicher Rahmenbedingungen, die den Fortschritt unterstützen, statt ihn zu bremsen.