In psychiatrischen Einrichtungen haben Pflegepersonal, Ärzteschaft und TherapeutInnen oft wenig Zeit für die PatientInnen. Das hat nach einer neuen Umfrage oft drastische Auswirkungen. Nun steht eine wichtige Weichenstellung an.
Wegen Personalengpässen in der Psychiatrie kommt es einer Umfrage zufolge regelmäßig zu Übergriffen auf Beschäftigte und zur Zwangsfixierung von PatientInnen. Fast die Hälfte der Beschäftigten erlebt regelmäßig körperliche Übergriffe gegen sich selbst, wie die Umfrage der Gewerkschaft Verdi zeigt. Befragt wurden mehr als 2.300 Psychiatrie-Beschäftigte aus 168 Krankenhäusern.
Gefragt worden war nach den Erfahrungen in den vier Wochen vor der Befragung. Über 80 Prozent der Beschäftigten gaben an, in dem Zeitraum mit Beschimpfungen konfrontiert worden zu sein. Drei von vier Beschäftigten haben zudem mindestens eine Zwangsmaßnahme miterlebt, die Hälfte sogar mindestens einmal die Woche. Jeder Fünfte erlebt das praktisch in jedem Dienst. Über 60 Prozent der Beschäftigten meinen, ungefähr die Hälfte oder fast alle Zwangsmaßnahmen wären mit mehr Personal vermeidbar gewesen.
Mehr als 80 Prozent der Befragten sagten, ein begleiteter Ausgang für die PatientInnen sei bei Bedarf nur teilweise oder nicht möglich. Mehr als drei Viertel der Beschäftigten können sich demnach nicht vorstellen, bei der derzeitigen Personalsituation bis zur Rente in der Psychiatrie zu arbeiten. 77 Prozent der Beschäftigten bewerten die Besetzung auf ihrer Station als knapp oder viel zu gering.
Verdi will mit einem bundesweiten Aktionstag in zahlreichen Einrichtungen an diesem Dienstag auf die prekäre Personalsituation in psychiatrischen Krankenhäusern aufmerksam machen.
Hintergrund ist eine bevorstehende Entscheidung über die Personalausstattung in der Psychiatrie. Am 19. September will der Gemeinsame Bundesausschuss über Vorgaben für die Personalausstattung entscheiden. Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzte machen hier entsprechende Vorgaben.
Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte: "Das Personal muss dringend aufgestockt werden." Signale aus dem Bundesausschuss wiesen aber in die falsche Richtung. Würden die hier vertretenen Krankenhäuser und Krankenkassen ihrem Auftrag für eine gute Versorgung nicht gerecht, müsse die Politik eingreifen. Erhöht werden müsse etwa die Zeit, die für die Beschäftigten pro PatientIn vorgesehen sei.