Forschende der Universitäten Bonn und Paderborn zeigen, dass die Zuckerzufuhr von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zwar rückläufig ist, aber vor allem der Beitrag aus Süßwaren noch deutlich zu hoch ist. Süßigkeiten stellen die größte Zuckerquelle für Kinder und Jugendliche dar, werden bislang aber von der Nationalen Strategie für die Reduktion in Fertigprodukten nicht erfasst. Die WissenschaftlerInnen regen an, dies zu überdenken.
Heranwachsende sind besonders anfällig für eine hohe Zuckerzufuhr, da sie eine genetisch bedingte große Vorliebe für Süßes besitzen. Vor einigen Monaten haben WissenschaftlerInnen der Universitäten Bonn und Paderborn bereits gezeigt, dass die Zuckerzufuhr bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland seit 2005 zwar rückläufig ist, jedoch mit 16% der Energiezufuhr weiterhin deutlich über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von maximal zehn Prozent lag. Nun untersuchten die Forschenden, wie sich die Zufuhr aus verschiedenen Zuckerquellen verändert hat.
Das Forschungsteam der DONALD-Studie (DOrtmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) wertete insgesamt 10.761 Drei-Tage-Wiegeprotokolle aus, die zwischen 1985 und 2016 von 1.312 Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren erfasst worden waren. Dabei wurde drei Tage lang gewogen, welche Nahrungsmittel von der jeweiligen Person verzehrt worden waren. Die Wissenschaftlerinnen fokussierten sich dabei auf die Aufnahme von freien Zuckern als prozentualer Anteil der Tagesenergieaufnahme aus sieben Lebensmittelgruppen: Zucker und Süßigkeiten, Säfte, Milchprodukte, zuckergesüßte Getränke, süße Brote und Kuchen, Frühstückszerealien und anderen Quellen.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen "freiem Zucker“ und "Gesamtzucker“. Mit freiem Zucker ist der Zucker in der Nahrung gemeint, der vom Hersteller oder bei der Zubereitung im Haushalt zugefügt wird, plus der Zucker aus Säften. Der Gesamtzucker berücksichtigt dagegen den kompletten Zuckergehalt eines Lebensmittels einschließlich der natürlich enthaltenen Zucker.
"Süßwaren und Zucker hatten den weitaus größten Anteil an der Zufuhr von freien Zuckern, gefolgt von Säften", sagte Dr. Ute Alexy von der Universität Bonn, die dieses Projekt leitet. Während in den Jahren 1985 bis 2005 die zuckergesüßten Getränke mit 15% an dritter Stelle standen, stellten Milchprodukte in den Jahren 2006 bis 2016 mit 12% die drittgrößte Quelle an freien Zuckern dar. Dr. Alexy: "Die Aufnahme von freien Zuckern aus süßen Broten und Kuchen sowie Frühstückszerealien war dagegen in sämtlichen Altersgruppen zu allen Zeitpunkten insgesamt gering."
Analysen der Zeittrends zeigten zudem, dass die Zufuhr von freiem Zucker aus Süßwaren und Zuckern als Hauptquelle bei Mädchen rückläufig war, allerdings in weit geringerem Maße als die Zufuhr aus anderen Quellen. So sank die Zufuhr an zuckergesüßten Getränken bei Jungen und Mädchen während der Konsum an freien Zuckern aus Säften zunächst bis 2000 anstieg, aber seit 2005 ebenfalls deutlich sinkt. Die Zufuhr an freien Zuckern aus Milchprodukten nahm bis 2010 leicht zu, ist seither jedoch wieder rückläufig.
"Auch wenn der Rückgang der Zufuhr an freien Zuckern, insbesondere aus zuckergesüßten Getränken und Säften bereits eine erfreuliche Entwicklung ist, liegt die Zufuhr noch weit über den Empfehlungen“, sagte Dr. Alexy. Daher sollten Maßnahmen umgesetzt werden, die diesen Trend unterstützen. Prof. Anette Buyken von der Universität Paderborn, die bis 2017 an der DONALD-Studie arbeitete und gemeinsam mit Dr. Alexy das Projekt initiierte, ergänzte: "Da der Rückgang der Zufuhr aus Süßwaren und Zucker am geringsten ausgeprägt war, dies aber die größte Quelle für freien Zucker bei Kindern und Jugendlichen darstellt, sollte überlegt werden, diese in zukünftige Public Health Maßnahmen einzubeziehen."
Bislang werden diese Quellen von der Nationalen Strategie für die Reduktion von Zucker, Fetten und Salz in Fertigprodukten ausgenommen, da es sich um Genussmittel handele, die idealerweise nur selten verzehrt werden. "Dies sollte überdacht und Süßwaren in die Nationale Strategie einbezogen werden“, sagte Prof. Buyken abschließend.