Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben 52 neue Veränderungen im Erbgut entdeckt, die mit Arthrose in Verbindung stehen. Dadurch verdoppelt sich die Anzahl der diesbezüglich bekannten Stellen. In der mit knapp 480.000 Teilnehmern bislang größten je durchgeführten genetischen Untersuchung zu Arthrose fanden die Forschenden zudem Ansätze, um teilweise schon existierende Medikamente bei Arthrose einsetzen zu können. Geleitet wurde die in ‚Nature Genetics‘ veröffentlichte Arbeit von Prof. Dr. Eleftheria Zeggini, seit kurzem Institutsdirektorin am Helmholtz Zentrum München.
Arthrose ist die am meisten verbreitete muskuloskelettale Krankheit der Welt und die Hauptursache für entsprechende Behinderungen. Bislang gibt es keine krankheitsspezifische Behandlung, sodass außer der Gabe von Schmerzmitteln lediglich der operative Einsatz künstlicher Gelenke zur Option steht.
Um den Krankheitsursachen auf den Grund zu gehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu finden, haben Forschende des britischen Wellcome Sanger Institute gemeinsam mit dem Unternehmen GSK das Erbgut von über 77.000 Arthrosepatientinnen und -patienten analysiert und mit dem von mehr als 370.000 gesunden Menschen verglichen. Die Proben stammten aus der arcOGEN-Studie sowie der UK-Biobank im Vereinigten Königreich. Dabei wurden viele verschiedene Arthrosetypen mit eingeschlossen, darunter auch solche im Knie- und Hüftbereich.
Prof. Dr. Eleftheria Zeggini, Direktorin des neu gegründeten Instituts für Translationale Genomik am Helmholtz Zentrum München und zuvor am Wellcome Sanger Institute kommentiert: "Arthrose ist eine sehr häufige, unheilbare Krankheit. Wir haben die bisher größte Studie zur Arthrose durchgeführt und über 50 neue genetische Veränderungen gefunden, die das Erkrankungsrisiko erhöhen. Das ist ein großer Fortschritt für die Entwicklung von Therapien, die Millionen von Betroffenen helfen könnten."
Um herauszufinden, welche Gene für die Erkrankung verantwortlich sind, hatte das Team zusätzlich zum Erbgut auch funktionelle Genomdaten aufgenommen sowie die Genaktivität und Proteinexpression analysiert. So wurde nachvollziehbar, welche Gene besonders oft abgelesen und zu Proteinen umgesetzt wurden. Das entsprechende Gewebe stammte von Arthrose-Patienten, die sich einer Gelenkersatzoperation unterzogen hatten.
Durch das Zusammenführen mehrerer verschiedener Datensätze konnten die Forscher die Gene identifizieren, die sehr wahrscheinlich ursächlich für die Arthrose sind. Zehn davon sind bereits Ziel von Medikamenten, die sich entweder in der klinischen Entwicklung befinden oder bereits gegen Arthrose und andere Krankheiten zugelassen sind. Den Forschenden zufolge wären diese Medikamente vielversprechende Kandidaten, um sie im Einsatz gegen Arthrose zu testen.
Dr. Stephen Simpson, Forschungsdirektor der Wohltätigkeitsorganisationen Versus Arthritis, das die arcOGEN-Studie unterstützte, sagt: "In ganz Großbritannien sind über 8,5 Millionen Menschen von Arthrose betroffen. Wir wissen, dass sich die Erkrankung sehr verschieden auf die Menschen auswirkt: Eine Behandlung, die bei einer Person wirkt, muss bei einer anderen Person nicht unbedingt erfolgreich sein. Daher stellt diese Studie einen wichtigen Meilenstein dar, um die Komplexität von Arthrose zu verstehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Wir freuen uns, dass unsere Unterstützung für die arcOGEN-Studie dazu beigetragen hat. Langfristig sollte die Forschung dabei helfen, die Schmerzen, die Isolation und die Erschöpfung der Menschen mit Arthritis zu beenden.“
Quelle: Helmholtz-Zentrum München