Der E-Sport - das wettbewerbsmäßige Zocken bei Computerspielen gilt als großer Trend unter Jugendlichen. Aber wer sind diese E-Sportler eigentlich? Und leben sie gesund? Eine Befragung der Deutschen Sporthochschule wirft ein Schlaglicht auf die Szene.
Das Klischee vom typischen Computerspieler ist schnell zusammengezimmert: eher unsportlich, eher übergewichtig, eher am dumpfen Geballer interessiert. Die Deutsche Sporthochschule Köln hat dieses Bild nun gegengeprüft und E-Sportler über ihren Alltag und ihre Gesundheit befragt - also Menschen, die am Computer oder an der Konsole gegeneinander Wettkämpfe ausfechten. Das Fazit der Forscher: Die Klischees sind überholt - aber beim Essen, bei der Regeneration und bei der Bewegung gibt es durchaus Luft nach oben.
"Die Risikogruppe ist für uns der Hobby-Sportler, der Hobby-Gamer", erklärte der Kölner Sportwissenschaftler Ingo Froböse am Donnerstag. Grund sei, dass diese - anders als viele Profis, die mit Zocken ihr Geld verdienen - zum Teil völlig unkontrolliert und ungehemmt losspielten. Ausgleichsphasen für die Zeit am Bildschirm gingen dadurch verloren. Hinzu käme unregelmäßiges Trinken und Essen und geraubte Schlafzeit. Vor allem an den "ambitionierten Breitensport" müsse man daher ran, sagte Froböse. "Die ernähren sich nicht gut, die sitzen viel zu viel, die machen kaum körperliche Aktivität als Ausgleich. Für die ist Gamen Lebenselixier."
Beim E-Sport werden Spiele wie "League of Legends", "Counter-Strike" oder die Fußball-Simulation FIFA auf Wettbewerbsebene ausgefochten. Es haben sich Ligen und hohe Preisgelder etabliert - die Szene gilt als Boom-Branche. In die Studie flossen nun rund 1200 Datensätze aus Fragebögen ein. Die Links zu den Fragebögen hatte die Hochschule unter anderem bei E-Sport-Veranstaltungen und in E-Sport-Foren verbreitet. Daraus leiteten die Autoren ein Bild des durchschnittlichen E-Sportlers ab: männlich, 23 Jahre alt, hohe Schulbildung. Im Schnitt wird drei bis vier Stunden am Tag gespielt.
Da jeder bei der Befragung mitmachen konnte, sind die Ergebnisse eher als Schlaglicht auf die Gamer-Szene zu werten - aufgrund des Forschungsdesigns sind sie im engeren Sinne nicht repräsentativ. Auch wurden Kausalitäten nicht immer ganz genau untersucht.
Die Daten deuten aber an: Wer mehr spielt, sitzt länger. Und wer länger sitzt, beurteilt seine Gesundheit eher schlechter. Die Befragten gaben zudem im Mittel an, rund 40 Minuten weniger zu schlafen als der deutsche Durchschnitt. "Die haben Jetlags, das ist einfach so. Weil sie eben zu ganz verschiedenen und ungünstigen Zeiten spielen", sagte Froböse. Denn: Die Hälfte der Befragten spielt als Hobby neben dem Job oder der Ausbildung.
Ein Großteil hat den Auskünften zufolge zudem Übergewicht. "Das ist auffällig", sagte Froböse. Die E-Sport-Gruppe liege nämlich über dem Gesamtdurchschnitt in dieser jüngeren Referenzgruppe. Das sei auch ein Grund, warum man sich mit E-Sportlern beschäftigen sollte. "Was man hier sät, wird die Gesellschaft später ernten müssen", sagte er. Die Studie entstand in Kooperation mit der AOK Rheinland/Hamburg.
Folgt man den Antworten in den Fragebögen, trifft das Klischee vom bewegungsfaulen Zocker gleichzeitig aber nicht zu. Nur 16 Prozent gaben an, überhaupt keinen klassischen Sport zu betreiben. Die große Mehrheit erklärte, etwa zum Fitnesstraining zu gehen oder zu joggen.
Der an der Studie nicht beteiligte Experte Jörg Müller-Lietzkow von der Universität Paderborn warnte allerdings davor, an ein Bild vom Durchschnittszocker zu glauben. "Den gemeinen E-Sportler gibt es nicht. Es gibt ja auch nicht den gemeinen Fußballer, sondern es gibt ebenso Profis in der Bundesliga bis zu Leuten, die ab und zu auf den Bolzplatz gehen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Man muss diese vielen Ebenen unterscheiden."
Wer einen dauerspielenden Teenager im Haus hat, der im E-Sport Erfolg haben will, muss sich daher auch nicht unbedingt Sorgen machen. "Es kommt immer auf den gesunden Abstand an. Ich würde nicht grundsätzlich davor warnen, in die E-Sport-Szene zu gehen. Man sollte aber die Kontrolle über sein Leben behalten", sagte Klaus Wölfling von der psychosomatischen Klinik der Universitätsmedizin Mainz. "Solange der Spieler das Gefühl hat, dass es um Entertainment geht, man einen intakten Freundeskreis hat und auch in der Lage ist, Abstinenzphasen einzulegen, ist alles okay."