Gewichtszunahme, Insulinresistenz und Co. – Schwangerschaft und Geburt können den mütterlichen Stoffwechsel gehörig aus dem Gleichgewicht bringen. Nach einer Schwangerschaft ist das Risiko für einen Diabetes Typ 2 lebenslang erhöht. Es sei denn, es wird gestillt: epidemiologischen Studien zufolge mildert dies den Risikoanstieg oder gleicht ihn sogar ganz aus. Auch wenn die Vorteile des Stillens für Baby und Mutter schon länger anerkannt sind; so zeigten frühere Studien, Stillen senkt das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle; werden die zugrundeliegenden Mechanismen erst im Rahmen neuerer Forschung klarer.
Wissenschaftler des Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) verglichen metabolische Phänotypen und Betazell-Charakteristika sowohl bei Mäusen als auch menschlichen Müttern, die gestillt hatten, mit solchen, die nicht gestillt hatten. In ihrer mehrjährigen Studie konnten sie nicht nur den Zusammenhang zwischen Stillen und einem geringeren Diabetesrisiko bestätigen, sondern ihn erstmals mechanistisch besser erklären.1–3
Die Frauen wurden zwei Monate nach der Geburt und danach jedes Jahr über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren untersucht. Zum einen offenbaren die Messungen, dass die 85 stillenden und 99 nicht stillenden Mütter zum ersten Messzeitpunkt (zwei Monate post partum) noch vergleichbare Blutzuckerkonzentrationen nach einem Glukosetoleranztest erreichten (obwohl der Nüchternblutzucker bei stillenden Frauen niedriger war), doch nach 3,6 Jahren war die Glukosetoleranz der stillenden Mütter im Vergleich verbessert.
Auch der Dispositionsindex, ein Maß für die Insulinsekretionsfunktion der β-Zellen unter Berücksichtigung der Insulinsensitivität, lag 3,6 Jahre nach Geburt bei laktierenden Frauen höher.
Bei Mäusen war der zeitliche Verlauf etwas anders: die Stillzeit verbesserte die Glukosetoleranz und erhöhte die β-Zellmasse drei Wochen nach der Geburt. Die Verbesserung der Glukosetoleranz und der Insulinsekretion blieb bei laktierenden Mäusen bis zu vier Monate nach der Geburt erhalten.
Stillen löste in den Betazellen die Ausschüttung des Hormons Serotonin aus. Eine Reihe von Knockout-Experimenten bei den Mäusen führte das Team zu der Annahme, dass Prolaktin an die Betazellen bindet und eine Signalkaskade auslöst, die zur Produktion von Serotonin führt, welches die Teilung der Betazellen und die Insulinproduktion anregt. Die Serotoninkonzentration in den Betazellen bei laktierenden Mäusen zeigte sich in Immunfluoreszenz-Untersuchungen als 200-mal höher als bei nicht laktierenden Mäusen.
Das Serotonin wirkt sich sowohl auf die Quantität als auch die Qualität der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse aus. Die Forscher fanden heraus, dass das während der Laktation gebildete Serotonin die Proliferation von β-Zellen durch den Serotoninrezeptor 2B auf autokrinem und parakrinem Wege stimuliert. Darüber hinaus wirkte intrazelluläres Serotonin als Antioxidans, es verringerte also oxidativen Stress und förderte so das Überleben der β-Zellen.
Die Studie weist einige Limitationen auf, bspw. wurden Dauer und Intensität des Stillens nicht berichtet. Doch die neuen Daten sind wertvoll. Dass Frauen, die ihre Babys gestillt haben, nach einem Glukosetoleranztest deutlich niedrigere Blutzuckerkonzentrationen und vor allem eine bessere Betazellfunktion aufweisen als Frauen, die nicht gestillt haben, ist etwas, das bis zu dieser Arbeit noch nicht nachgewiesen worden war.