Klinisches Bild und SIH-Score bei Liquorunterdruck-Syndrom
Auf dem DGN gab es alle Infos rund um Liquorunterdruck. Dieser kann die unterschiedlichsten Ursachen haben und wird durch Kopfschmerzen symptomatisch.
Die häufigste Ursache des Liquorunterdruck-Syndroms ist eine Liquorleck nach Liquorpunktion
Der häufigste Grund für ein Liquorunterdruck-Syndrom ist eine kompliziert verlaufende Liquorpunktion mit Liquorleck. Bei 65% der Patienten kommt es bereits nach 24 Stunden und bei rund 90% der Patienten innerhalb von 48 Stunden nach Liquorpunktion zu einem Liquorunterdruck-Syndrom. Der postpunktionelle Kopfschmerz kann an Intensität zunehmen, wenn die Patienten sich aufrichten oder längere Zeit stehen. Der orthostatische Kopfschmerz kann bereits nach 20 Sekunden nach Liquorpunktion auftreten. Eine Symptomlinderung stellt sich in liegender Position ein. Der Kopfschmerz ist von pochendem Charakter und im frontalen und okzipitalen Bereich des Kopfes anzutreffen.2
Die spontane intrakranielle Hypotension (SIH) lässt sich in "ventrale Dura-Einrisse, meningeale Divertikel, Schwachstellen im Bereich der Nervenwurzel, sowie in direkte Fistel zwischen Liquor und epiduralen Venen" einteilen.3 Die spontane intrakranielle Hypotension mit spontan auftretendem spinalen Liquorverlust sollte Lützen zufolge auch aus therapeutischen Gründen klar von dem postpunktionellen Syndrom abgegrenzt werden. Beim postpunktionellen Syndrom können die Kopfschmerzen innerhalb von 5 Tagen nach Liquorpunktion auftreten. Das postpunktionelle Syndrom wird mittels Blutpatch behandelt. Bei Patienten mit SIH-Syndrom sollte Lützen zufolge prätherapeutisch zunächst die Lokalisation des Liquorlecks auf diagnostischem Wege definiert werden. Nur dann sollte eine spezifische Behandlung der SIH erfolgen. Die Inzidenz der SIH liegt epidemiologischen Daten nach bei 5 pro 100.000 Einwohner.1-4
Klinische Folgen des Liquorverlustes bei spinalem Liquorleck
Bei einem spinalen Liquorleck bei SIH kann es zu einem Absacken des Gehirns kommen. Der Liquorverlust kann mit einem brain-sagging und Kleinhirntonsillentiefstand einhergehen. Durch den Zug an der Dura entsteht ein Kontrastmittel-Enhancement. Hämatome können ebenso auftreten. Der Liquorverlust kann zu einem Vakuumphänomen mit Aufweitung der Hypophyse, sowie der venösen Sini führen. Beim Liquorverlustsyndrom leiden die betroffenen Patienten unter Kopfschmerzen in aufrechter Körperhaltung. Ein spinales Liquorleck ist die häufigste Ursache für diesen orthostatischen Kopfschmerz. Die häufigsten Symptome des Liquorverlustsyndroms sind neben dem orthostatischen Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Nackenschmerzen und Nackensteifigkeit. In einigen Fällen kommt es zu Beeinträchtigungen des Sehens und Hörens, zu Schwindel, Tinnitus, Photophobie, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörung. Zu den Komplikationen bei SIH zählen Subduralhämatome, die superfizielle Siderose, die frontotemporale Demenz (reversibel), Komma, Einklemmung und der Tod.1
SIH-Score bei Liquorunterdruck-Syndrom
Lützen berichtete in seinem Vortrag, dass am Universitätsklinikum Freiburg die MRT-Untersuchung bei Liquorunterdruck-Syndrom immer mit Kontrastmittel erfolgen würde. Auf diese Weise wäre das durale Enhancement besser erkennbar. Auch wäre so die Aufweitung der venösen duralen Sini darstellbar. Zur Beurteilung des Liquorunterdruck-Syndroms wird am Universitätsklinikum Freiburg der SIH-Score herangezogen. Der SIH-Score wurde in Bern, in der Schweiz, entwickelt und setzt sich aus 9 Punkten zusammen. Eine Verlängerung des suprasellären Abstandes von <4 mm entspricht 2 Punkten des SIH-Scores. Einer Verlängerung des mamillopontinen Abstandes von <6,5 mm bzw. des präpontinen Abstandes von <5 mm wird jeweils 1 Punkt des SIH-Scores zugeteilt. 2 Punkte hingegen werden der Sinus-Aufweitung, sowie dem Enhancement der Dura zugeteilt. Das Auftreten eines Hygroms entspricht 1 Punkt des SIH-Scores.1
Fazit für die Praxis
Das Liquorunterdruck-Syndrom kann unterschiedliche Ursachen haben. Der häufigste Grund für ein Liquorunterdruck-Syndrom ist eine kompliziert verlaufende Liquorpunktion mit Liquorleck. Ein solch spinales Liquorleck ist die häufigste Ursache für orthostatischen Kopfschmerz. Das postpunktionellen Syndrom wird mittels Blutpatch behandelt.1
Die häufigsten Symptome des Liquorverlustsyndroms sind:1
- orthostatischer Kopfschmerz
- Übelkeit
- Erbrechen
- Nackenschmerzen
- Nackensteifigkeit
Zu den Komplikationen bei SIH zählen:1
- Subduralhämatome
- superfizielle Siderose
- frontotemporale Demenz (reversibel)
- Koma
- Einklemmung
- Tod
Die MRT-Untersuchung bei Liquorunterdruck-Syndrom erfolgt immer mit Kontrastmittel. Das Liquorunterdruck-Syndrom wird mittels SIH-Score bewertet.1
Mehr News zu neurologischen Erkrankungen finden Sie in unserer Berichterstattung zum DGN-Kongress 2022.
- Lützen, Niklas, Dr. med., Spezielle Untersuchungstechniken bei Liquorunterdruck, Spontane intrakranielle Hypotension – Neues aus Diagnostik und Therapie, Webcast, CityCube Berlin + digital, Neurowoche 1-5.11.2022.
- Diener, H. C. et al. (2008). Diagnostik und Therapie des Liquorunterdruck-Syndroms. Kopfschmerzen und andere Schmerzen. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie.
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https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-113l_S1_Diagnostik-Therapie-postpunktioneller-spontaner-Liquorunterdruck-Syndroms_2018-12.pdf
- D'Antona L. et al. (2021). Clinical Presentation, Investigation Findings, and Treatment Outcomes of Spontaneous Intracranial Hypotension Syndrome: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Neurol. 2021 Mar 1;78(3):329-337.