Schwere COVID-19-Erkrankung: Welche Rolle spielt reduzierte Interferon-I-Aktivität?

Wieso erkranken nicht alle Menschen in der gleichen Weise an COVID-19? Ein Forschungsteams ist dieser Fragestellung genauer nachgegangen.

Unterschiede im Immunsystem bestimmen Ausmaß der COVID-19-Erkrankung

Von Mensch zu Mensch unterscheidet sich auch die Funktionalität des Immunsystems. So verwundert es nicht, dass es ganz unterschiedliche Krankheitsverläufe einer SARS-CoV-2-Infektion geben kann. Die Immunität der betroffenen Person besitzt einen entscheidenden Einfluss auf den klinischen Verlauf. Dieser kann sich auf einem Spektrum von asymptomatisch bis zu schwerer COVID-19-Erkrankung mit tödlichem Ende befinden. Wir wissen aus vorhergehenden Studien, dass es bei Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung – als Folge eines verminderten Typ-I-Interferons – zu einer klinischen Verschlechterung kommen kann. Neben dieser beeinträchtigten Interferon-I-Aktivität konnten weitere Risikofaktoren für die Entwicklung einer COVID-19-Pneumonie identifiziert werden. Diese waren Genetische Mutationen im Bereich:

Unterschiedliche Ausgangswerte für Interferon-α im Plasma

Das besagte Forschungsteam hat in verschiedenen Patientenkohorten mit unterschiedlichen COVID-19-Schweregraden nach weiteren immunologischen Faktoren gesucht. Sie konnten eine interessante Beobachtung machen. Die Ausgangswerte für Interferon-α im Plasma haben sich je nach:

voneinander unterschieden.2

Problematik der Interferon-I-basierten Behandlungen im Spätstadium

Das Forschungsteam ging der Frage nach, wieso hospitalisierte Patienten mit COVID-19 im Spätstadium auf Interferon-I-basierte Behandlungen schlecht ansprachen. Interferon-I spielt im frühen akuten Infektionsstadium eine wichtige Rolle, doch im Spätstadium scheint es hier bei einer bestimmten Patietentengruppe nicht mehr der Fall zu sein. Die Forschungsgruppe konnte bei hospitalisierten COVID-19-Patienten eine durchgängig verringerte Induktion von Interferon-I-Proteinen nach Immunstimulation beobachten. Diese war weder mit nachweisbaren neutralisierenden Autoantikörpern gegen Interferon α noch mit nachweisbaren neutralisierenden Autoantikörpern gegen Interferon ω verbunden gewesen. Sie untersuchten dies genauer anhand von intrazellulären Proteomanalysen. Hier zeigte sich bei den hospitalisierten COVID-19-Patienten zwar ein Anstieg der Monozytenzahl, jedoch eine nur beeinträchtigte Interferon-I-Reaktion nach Immunstimulation.2

Welche Rolle spielen Interferone vom Typ I (IFN-I) bei der COVID-19-Infektion?

Wir wissen, dass Interferone vom Typ I in der Virusabwehr des angeborenen Immunsystems eine Schlüsselrolle einnehmen. So verwundert es, dass es im Spätstadium der COVID-19-Erkrankung bei den hospitalisierten Patienten zu einer beeinträchtigten Interferon-I-Reaktion gekommen ist. Das Forschungsteam vermutete, dass die "dichotome IFN-I-Aktivität die zweistufige Natur der IFN-I-Antworten in der COVID-19-Pathogenese" widerspiegelt. Wenn es im Frühstadium der Infektion nicht zur hohen IFN-I-Aktivität durch das angeborene Immunsystem kommt, so kann auf eine weitere virale Ausbreitung im Körper eine Hyperinflammation folgen. Wir halten also fest, dass die IFN-I-Aktivität in der Frühphase der Infektion für den späteren Krankheitsverlauf entscheidend ist. Gleichzeitig werden erhöhte IFN-Werte und interferonstimulierte Gene als Biomarker für die Mortalität gedeutet. Dies geschieht je nach Krankheitskinetik.

Unzureichende Aussagekraft der IFN-I-Antworten bei schwerem COVID-19-Verlauf

Das Forschungsteam ging der beeinträchtigten IFN-Aktivität bei Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung im Spätstadium genauer auf den Grund. In weiteren Untersuchungen konnten sie folgendes herausfinden: Die Hauptursache für eine unwirksame IFN-α-Sekretion war die Kombination aus einer verringerten Anzahl an zirkulierenden Plasmazytoide dendritische Zellen und dysregulierten Monozyten. Hinzu kommt noch folgende Beobachtung: Bei Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung fördert die IFN-I-Stimulation von Leukozyten die Entzündungsreaktion. Dies war bei Patienten mit einer nur mäßigen COVID-19-Erkrankung nicht der Fall gewesen.2

Quellen:

1. https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/corona-winter-103.html

2. Smith N. et al. (2022). Defective activation and regulation of type I interferon immunity is associated with increasing COVID-19 severity. Nat Commun. 2022 Nov 25;13(1):7254.