Chirurgische und innovative Behandlungen bei arzneimittelresistenter Epilepsie
Bei 30 % der Patienten mit Epilepsie ist eine medikamentöse Therapie nicht wirksam. Diese Patienten sollten an spezialisierte Zentren überwiesen werden, um die verfügbaren therapeutischen Alternativen zu bewerten
Epilepsie-Chirurgie und Innovationen: Moderne Behandlungsstrategien
Ein Drittel der Epilepsiepatienten spricht nicht auf eine medikamentöse Behandlung an. Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, bei der die Nervenzellen ihre Signale nicht richtig senden, was zu Krampfanfällen führt. Die Anfälle entstehen durch eine abnorme synchrone neuronale Aktivität im Gehirn, die vorübergehende klinische Symptome verursacht. Epilepsie ist eine weit verbreitete neurologische Erkrankung mit einer weltweiten Inzidenz von 7,6 pro 1000 Menschen, von der weltweit etwa 50 Millionen Menschen betroffen sind.
Die Behandlung von Epilepsie erfolgt überwiegend mit antiepileptischen Medikamenten, wodurch etwa zwei Drittel der Patienten anfallsfrei werden. Bei dem verbleibenden Drittel, das als arzneimittelresistente Epilepsie (DRE) gilt, können alternative Ansätze wie Epilepsiechirurgie oder nicht-pharmakologische Therapien in Betracht gezogen werden.
Chirurgische Behandlungen für DRE
Chirurgische Eingriffe bleiben ein zentraler Baustein in der Behandlung von Epilepsie bei sorgfältig ausgewählten Patienten, insbesondere bei fokalen Epilepsien.
Die lobäre Resektion ist die am häufigsten angewandte Methode, insbesondere bei Epilepsien des mesialen Temporallappens. Patienten mit klar abgegrenzten Anfallsherden, die in bildgebenden Verfahren und EEG-Studien sichtbar sind, zeigen dabei in der Regel die besten Behandlungsergebnisse. Ein weiterer wichtiger chirurgischer Ansatz ist die Kallosotomie. Sie wird vor allem bei Patienten mit schweren, Sturzattacken – wie atonischen oder tonischen Anfällen – eingesetzt, die zu erheblicher Morbidität führen. Durch die Durchtrennung des Corpus callosum wird die Ausbreitung von Anfällen zwischen den Gehirnhälften unterbunden, was die Anfallshäufigkeit wirksam reduziert.
Eine minimalinvasive Alternative zur offenen Resektion ist die interstitielle Laserinduzierte Thermotherapie (LITT), bei der durch Laser erzeugte Wärme zur Ablation epileptogener Herde eingesetzt wird. Diese Technik ist besonders bei tief sitzenden Läsionen von Vorteil und birgt im Vergleich zu herkömmlichen chirurgischen Resektionen ein geringeres Risiko kognitiver Nebenwirkungen. In sorgfältig ausgewählten Fällen können diese chirurgischen Eingriffe die Anfallskontrolle und die Lebensqualität erheblich verbessern und eine Reduktion der Antiepileptika-Dosis ermöglichen.
Neuromodulation: erweiterte Optionen für nicht-resezierende Kandidaten
Für Patienten, die nicht für eine resektive Epilepsieoperation in Frage kommen, bietet die Neuromodulation eine wirksame palliative Strategie. Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine etablierte Technik, bei der ein Gerät unter die Haut des Brustkorbs implantiert wird, das intermittierende elektrische Impulse an den Vagusnerv abgibt. Es hat sich gezeigt, dass diese Stimulation im Laufe der Zeit die Anfallshäufigkeit verringert und die Ergebnisse der Patienten verbessert.
Die tiefe Hirnstimulation (DBS) moduliert die Anfallsaktivität gezielt durch die Stimulation des anterioren Nucleus thalami und hat sich als wirksam bei der Reduktion der Anfallslast erwiesen. Eine weitere fortschrittliche Neuromodulationstechnik ist die responsive Neurostimulation (RNS) – ein geschlossenes System, das die elektrokortikografische Aktivität kontinuierlich überwacht und bei Erkennung von Anfallsmustern gezielte elektrische Impulse abgibt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Neuromodulationssystemen ermöglicht RNS eine dauerhafte intrakranielle EEG-Überwachung, die eine dynamische, personalisierte Anpassung der Therapie an den sich verändernden Zustand des Patienten erlaubt.
Fokussierter Ultraschall (FUS): eine vielversprechende nicht-invasive Therapie
Eine neue und sich rasch entwickelnde Technik in der Epilepsiebehandlung ist der fokussierte Ultraschall (FUS). Bei diesem nicht-invasiven Verfahren werden hochintensive Ultraschallstrahlen eingesetzt, um epileptogenes Gewebe selektiv zu erreichen und abzutragen, ohne dass chirurgische Schnitte erforderlich sind. Erste Studien haben das Potenzial dieser Methode in präklinischen Modellen sowie in frühen klinischen Anwendungen aufgezeigt.
Ein Hauptvorteil des fokussierten Ultraschalls (FUS) ist sein minimalinvasiver Charakter. Im Gegensatz zu herkömmlichen chirurgischen Verfahren sind keine Schnitte erforderlich, was das Risiko von Infektionen, postoperativen Komplikationen und verlängerten Erholungszeiten deutlich reduziert.
Klinische Studien haben gezeigt, dass FUS die Anfallshäufigkeit bei Patienten mit arzneimittelresistenter Epilepsie effektiv verringern kann, besonders wenn es bei gut lokalisierten Anfallsherden angewendet wird.
Ein weiterer bedeutender Vorteil ist die Möglichkeit, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten. Im Gegensatz zu einigen chirurgischen Eingriffen, die das Risiko kognitiver Beeinträchtigungen mit sich bringen können, hat FUS nachweislich nur minimale Auswirkungen auf die kognitiven Funktionen. Dies macht es zu einer geeigneten Behandlungsoption für Patienten mit epileptogenen Herden in der Nähe eloquenter Hirnregionen.
Neben seinen ablativen Fähigkeiten wird FUS auch für die Neuromodulation erforscht. Forscher untersuchen sein Potenzial, die neuronale Erregbarkeit zu verändern und Anfallsausbreitungswege mit Ultraschallimpulsen geringer Intensität zu unterbrechen. Darüber hinaus ermöglicht FUS die vorübergehende, sichere Öffnung der Blut-Hirn-Schranke (BHS), was den gezielten Einsatz von Therapeutika in epileptogenen Regionen verbessern könnte.
Obwohl die ersten Ergebnisse vielversprechend sind, sind weitere Forschungsarbeiten und größere klinische Studien notwendig, um standardisierte Behandlungsprotokolle zu entwickeln und die langfristige Sicherheit sowie Wirksamkeit dieser Technik zu bestätigen.
Zukunftsperspektiven der DRE-Behandlung
Die Behandlung der arzneimittelresistenten Epilepsie hat sich erheblich weiterentwickelt und bietet neben der pharmakologischen Behandlung eine wachsende Zahl von Therapieoptionen. Die Epilepsiechirurgie ist bei sorgfältig ausgewählten Patienten nach wie vor ein hochwirksamer Eingriff, und die Forschung bestätigt, dass sie im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Behandlung bessere Ergebnisse bei der Erreichung von Anfallsfreiheit erzielt. Dennoch werden die chirurgischen Möglichkeiten aufgrund von Hindernissen bei der Patientenauswahl und beim Zugang zu spezialisierten Zentren häufig nicht ausreichend genutzt.
Neuromodulationstherapien wie VNS, DBS und RNS haben die Landschaft der Behandlungsmöglichkeiten erweitert, insbesondere für Patienten, die nicht für eine resektive Operation in Frage kommen. Diese Modalitäten haben sich bei der Verringerung der Anfallslast unter Beibehaltung der kognitiven Funktionen als sehr wirksam erwiesen. Darüber hinaus stellen die Fortschritte bei den nicht-invasiven Techniken, insbesondere FUS, eine vielversprechende Entwicklung dar. Die Fähigkeit des fokussierten Ultraschalls, eine präzise Gewebeablation durchzuführen und die neuronale Aktivität zu modulieren, ohne dass ein offener chirurgischer Eingriff erforderlich ist, stellt einen potenziellen Paradigmenwechsel in der Epilepsiebehandlung dar.
Die aktuelle Forschung unterstreicht die Bedeutung eines multidisziplinären Ansatzes, bei dem in umfassenden Epilepsiezentren individuelle Behandlungspläne entwickelt werden. Künftige Bemühungen sollten sich auf die Optimierung der Kriterien für die Patientenauswahl, die Verfeinerung der therapeutischen Protokolle und die Erweiterung des Zugangs zu neuen Technologien konzentrieren.
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