Brustkrebs: Wie sicher ist die Fertilitätserhaltung?
Für junge Frauen im gebärfähigen Alter beginnt mit der Diagnose Brustkrebs eine bange Zeit. Dabei spielt nicht nur die Angst vor dem Krebs und die Erfolgsaussicht der Behandlung eine Rolle, sondern auch die Frage nach der späteren Familienplanung.
Fertilitätserhalt bei Brustkrebs: Prospektive Kohortenstudie
- Es handelt sich um eine landesweite prospektive Kohortenstudie.
- Eingeschlossen wurden 1.275 Frauen mit Brustkrebs. Das mediane Alter bei Erstdiagnose lag bei knapp 33 Jahren.
- Alle hatten zwischen 1994 und 2017 eine hormonelle oder nichthormonelle FP erhalten.
- Als Kontrollgruppe dienten Frauen mit Brustkrebs ohne FP-Behandlung.
- Die Patientinnen wurden hinsichtlich geografischer Region, Alter und Kalenderzeitraum bei der Diagnose gematcht.
Bei jungen Patientinnen mit Brustkrebs sind die Tumoren häufig biologisch aggressiver und zum Zeitpunkt der Erstdiagnose weiter fortgeschritten als bei älteren Frauen. Die Behandlung wird entsprechend intensiviert, was Folgen für die spätere Reproduktion haben kann. Hinzu kommt eine oft jahrelange adjuvante endokrine Therapie. In dieser Zeit lässt die natürliche Fertilität altersbedingt weiter nach.
Welche Möglichkeiten des Fertilitätserhalts gibt es?
Übliches Verfahren für den Fertilitätserhalt (FP, "fertility preservation") ist hierzulande die Kryokonservierung von Eizellen oder Ovarialgewebe. Außerhalb von Deutschland dürfen zum Teil auch Embryonen verwendet werden. Für die Gewinnung von Eizellen oder Embryonen wird eine kontrollierte Stimulationsbehandlung (COS, "controlled ovarian stimulation") durchgeführt. Sie kommt nur für Frauen in Frage, bei denen die antineoplastische Behandlung noch so lange aufgeschoben werden kann. Wenn eine Chemotherapie unverzüglich begonnen werden muss, ist bei ausreichender Ovarialreserve alternativ eine Kryokonservierung von Ovarialgewebe ohne COS möglich. Der Nachteil hierbei: Der Eingriff erfolgt per Laparoskopie und ist damit deutlich invasiver als die transvaginale Follikelpunktion nach Stimulation.
Erhöht FP Mortalität und Rezidivgefahr?
Das Forscherteam um Anna Marklund vom Karolinska University Hospital Stockholm hat nun das Risiko für PF-Patientinnen mit und ohne hormonelle Stimulation mit dem von Frauen ohne Fertilitätserhalt verglichen. Primärer Endpunkt war die krankheitsspezifische Mortalität. Für eine Subgruppe (n = 723) wurde außerdem die Rezidivrate untersucht. Die Frauen mit hormoneller FP wurden im Schnitt 4 Jahre nachbeobachtet, diejenigen mit FP ohne Hormonbehandlung 6,7 Jahre.
Das Ergebnis: Die Sterblichkeit nach FP war im Vergleich nicht erhöht, und zwar weder bei nicht hormoneller Behandlung noch nach COS. Die 5-Jahres-Rate für das rezidivfreie Überleben lag bei Frauen mit hormoneller FP bei 89 %, bei Frauen mit nicht hormoneller FP bei 83 % und bei Frauen ohne FP bei 82 %. Nach 19 Jahren war sie noch immer vergleichbar.
"Die Studie bringt weitere Sicherheit bezüglich des Themas Fertilitätserhalt bei gebärfähigen Frauen mit Mammakarzinom. Die große Fallzahl erlaubt eine robuste Analyse und ergänzt die bisherigen Studien. Das ist die aktuell beste verfügbare Evidenz", so der Kommentar von Prof. Dr. Dirk O. Bauerschlag und Kathrin Hartwig vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel.
Hoffnung für junge Patientinnen
Der Fertilitätserhalt bei jungen Frauen mit Brustkrebs hat sich, unabhängig vom Verfahren, als sicher erwiesen. Mortalität und Rückfallrate werden dadurch nicht negativ beeinflusst. Eine gute Nachricht für die Patientinnen, die in der reproduktiven Beratung vermittelt werden sollte.
Weitere Informationen zur Therapie des Mammakarzinoms
Senologie-Kongress 2023
Charité Mayo Conference
Fachbereich Gynäkologie/ Onkologie
Was für Ihre Patienten noch wichtig ist
- Marklund A et al. Relapse Rates and Disease-Specific Mortality Following Procedures for Fertility Preservation at Time of Breast Cancer Diagnosis. JAMA Oncol. 2022;8(10): 1438-46.
- Hartwig K, Bauerschlag DO. Junge Patientinnen mit Mammakarzinom. Fertilitätserhalt bei Brustkrebs. InFo Hämatologie + Onkologie 2023; 26 (4): 30-31. https://doi.org/10.1007/s15004-023-9889-x